Darin geht es vor allem um die Bedrohung durch den Iran, der mittlerweile über 300 Shihab-Raketen verfüge, deren Reichweite auch einen Angriff auf Israel möglich mache.
Außerdem sagte Ashkenazi der amerikanischen Kongressdelegation, dass neben der Hamas auch die Hizbullah ihre Raketenlager in großem Umfang, nämlich auf satte 40.000 Stück aufgerüstet habe.
Dieser Feind vor der Haustür sei, trotz der Bedrohung durch den Iran, die eigentliche Gefahr für den israelischen Staat.
Juan Cole wirft dabei zurecht die Frage auf, ob die aufgestockten Waffenbestände der Hizbullah möglicherweise in erster Linie zur Selbstverteidigung bestimmt sind. Aus dem Südlibanon flogen in der Geschichte der Hizbullah nur in den wirklich ernsthaften Konfliktfällen, zum Beispiel während des Krieges 2006 größere Mengen an Raketen auf Nordisrael, also vornehmlich dann, wenn die Miliz in direkter militärischer Konfrontation zur israelischen Armee stand. In den ruhigen Zeiten, unterbrochen höchstens durch Verletzungen des libanesischen Luftraumes durch israelische Drohnen und Kampfjets, feuerte die Hizbullah keine Raketen ab.
Man kann also durchaus eine Strategie erkennen: Im Kriegsfall versucht die Hizbullah durch den Beschuss israelischer Städte einen Angriff auf den Libanon für Israel so "teuer" wie möglich zu machen. Nein, das rechtfertigt keinesfalls den Beschuss von Zivilisten aber die Bombardierung von libanesischen Zivilisten oder die Besetzung des Landes durch die israelische Armee wird eben auch nicht durch die Bedrohung Hizbullah gerechtfertigt.
Die Informationen über die aufgestockten Waffenbestände stammten Ashkenazi zufolge vom amerikanischen NSA und von israelischer Drohnenaufklärung.
"Ashkenazi told the visiting delegation that Israeli unmanned drones had had great success in identifying rocket emplacements in southern Lebanon, and that it had been aided in this endeavor by the US National Security Agency,which spies on communications."Ganz nebenbei... all diese Drohnenflüge sind - für die, die es tatsächlich noch interessiert ein Verstoß gegen die UN-Resolution 1701.
Man stelle sich einmal die Empörung vor, wenn beispielsweise Syrien Drohnen über Tel Aviv kreisen lassen oder gar mit Kampfjets über die Stadt krachen würde. Aber es wäre wohl reichlich naiv von mir, hier eine Gleichbehandlung zu fordern.
Verängstigte Araber sind bedauerlich, verängstigte Israelis führen zur Mobilisierung der IDF unter politischer Rückendeckung der westlichen und arabischen Verbündeten.
Wie dem auch sei. Ein nächster Krieg jedenfalls dürfte wie immer vor allem arabische Zivilisten treffen.
“In the next war Israel cannot accept any restrictions on warfare in urban areas.”... sagt Ashkenazi und tut dabei so, als ob die israelische Armee jemals in ihrer Geschichte besondere "Restriktionen" kannte, was die Bombardierung von zivilen Gebieten angeht.
Dabei ist auch dem Stabschef eine Tatsache bewusst, die normalerweise dazu führen sollte, dass man die übliche Militärstrategie (unterschiedslos draufschlagen und nochmals draufschlagen) möglicherweise überdenkt. Die Ziele nämlich, die sich die israelische Armee in den Kriegen gegen den Libanon 2006 und gegen den Gazastreifen 2008/09 gesetzt hatte wurden nicht erreicht. Die Hizbullah ist militärisch wohl stärker als je zuvor und auch die Hamas wurde nicht zerschlagen.
Apropos Hamas... Ein weiterer interessanter Punkt ist, dass Ashkenazi gegenüber der Senatsabgeordneten Kirsten Gillibrand zugegeben hat, dass die Hamas keine Kontrolle über die "even more radical groups" habe, die im Gazastreifen entstanden sind und die nach seinen Angaben bereits Teile der Hamas infiltriert haben.
Offiziell aber macht Israel noch immer die Hamas für jede einzelne Rakete verantwortlich, die aus dem Gazastreifen fliegt, auch wenn die Organisation mittlerweile große Anstrengungen unternimmt, den Raketenbeschuss durch Splittergruppen zu unterbinden.
Julian Assange hat weitere geleakte Depeschen zu Israel angekündigt. Man darf vorsichtig gespannt sein.
Ob Netanjahu auch dann noch stolz verkünden kann, dass Israel durch Wikileaks keinerlei Schaden zugefügt wurde? Wahrscheinlich.
Es scheint zumindest so, dass egal was in der Geschichte des Nahost-Konfliktes herauskam, nichts davon der israelischen Politik je ernsthaft geschadet hat.
Oder interessiert sich noch jemand ernsthaft für den Mord an Mabhouh? Für den ungehinderten Siedlungsbau? Oder für den Mord an den Aktivisten auf der Mavi Marmara? Wo doch sogar die türkische Regierung pausbäckig signalisiert, dass sie bereit ist wieder mit Israel zu kuscheln.
Ein weiterer Krieg wird kommen, ob gegen die Hamas, Hizbullah oder eben "even more radical groups". Ihre Namen werden sich ändern. Bestehen bleibt aber, dass den höchsten Preis wieder Zivilisten bezahlen werden. Den Preis für die nicht akzeptierten "restrictions on warfare in urban areas”.
Es sind diese bombardierten "urban areas" aus denen sich die zukünftigen "even more radical groups" rekrutieren werden.
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