al-Samidoun

Kommentare und Berichte zu Politik, Religion und Kultur mit Fokus auf den Nahen Osten.

Donnerstag, 30. August 2012

Irak nach dem "Regime change" II

Jörg Kronauer in der neuen Konkret über die Opfer des Irak-Krieges:
»The Lancet« kam jedenfalls zu dem Schluß, daß mehr als 650.000 Menschen heute noch leben könnten, hätte der Westen den Krieg unterlassen. Stimmen diese Annahmen, dann hat der Krieg die Bevölkerung des Irak um 2,5 Prozent dezimiert.

Solche Zahlen dürften zynische deutsche Neocons wie den Osten-Sacken dagegen kaum beeindrucken. Er schwärmte ganz unkritisch von der Inspiration der Neocons und trauert ihnen in Post-Bush Zeiten wehmütig hinterher:
Während ihre erklärten Gegner - sowohl in den USA als auch Europa-  in den Jahren nach 9/11 keine einzige eigene Idee entwickelten, was mit dem in Stagnation darniederliegenden Nahen Osten geschehen sollte und ihm deshalb “more of the same” verordneten, mögen die strategischen Überlegungen der Neocons abenteurlich geklungen haben. Die Ereignisse aber geben ihnen Recht. Ach, wenn es nach ihnen gegangen wäre, das nur so zur Erinnerung, dann hätten sowohl in Syrien wie dem Iran längst Regime Changes stattgefunden.
Wenn man sich aber den Irak anschaut wie er heute aussieht und was er in der langen Kriegs- und Bürgerkriegsphase durchleben musste, dann kann kein Mensch von Verstand solche Lobeshymnen anstimmen.
Diese verschobene Wahrnehmung hängt vielleicht damit zusammen, dass seit dem Abzug der US-Truppen westliche Medien kaum noch die täglichen Gewalttaten im Irak melden, während die arabischen Zeitungen hingegen regelmäßig von Anschlägen und Attentaten berichten.

Der "Regime change" wird dennoch von Leuten wie dem Osten-Sacken gefeiert, ungeachtet der Tatsache, dass sich der Krieg zwar nicht ausschließlich durch, aber doch auch als Resultat der US-Politik zu einem Flächenbrand entwickelte und den Irak in einen grausamen Bürgerkrieg zog. Desaströs wirkten sich die Analysen der Neocons aus, die die Baʿth-Partei kurzerhand für ein rein sunnitisches Projekt erklärten, dadurch Öl ins Feuer der konfessionellen Spannungen gossen und das Land an den Linien von (tatsächlichen oder zugewiesenen) Glaubensbekenntnissen spalteten.

Ich betrachte den Irak-Krieg nicht einseitig als richtig oder falsch und behaupte auch nicht, der US-Regierung sei es um das Öl gegangen, aber es zeugt von unglaublicher Arroganz, wenn nun Deutsche vollkommen unkritisch den Krieg im Irak - den sie euphemistisch "Regime change" nennen, so als ob es nur das gewesen wäre - bejubeln und als vollen Erfolg abfeiern.

Kürzlich sprach ich mit einem Iraker aus schiitisch-sunnitischem Elternhaus. Er selbst war wenig religiös, sah sich jedoch als Schiit. Auch seine Familie hatte unter Saddam leiden müssen aber dennoch beklagte er sich über die katastrophalen Auswirkungen des Krieges. Plötzlich sei es wichtig, ja sogar lebenswichtig geworden der richtigen Konfession anzugehören. Interkonfessionelle Ehen wurden undenkbar. Die desolate Sicherheitslage trieb schließlich diejenigen aus dem Land, die sich eine Flucht leisten konnten. Am Ende trauerte er, der sich als Schiit betrachtete, dem Irak unter Saddam Hussein hinterher.

Was die betroffenen Iraker denken mag deutschen Neocons egal sein. Der Herrschaft Saddam Husseins hinterherzutrauern ist sicherlich auch kein fortschrittlicher Akt. Aber man kann festhalten, dass nun einmal viele Iraker die "abenteuerlichen strategischen Überlegungen" der Neocons nicht ganz so euphorisch sehen wie deutsche Neocons. Dies zeigt auch ein Bild, das unter Irakern auf Facebook zirkulierte.


Ja, es ist gut dass Saddam weg ist. Daraus folgt aber noch lange nicht, dass der gesamte Krieg ein voller Erfolg war, auf dessen Nachahmung in Syrien und Iran nun die kriegsgeilste Fraktion der deutschen Linken drängt.

Dienstag, 28. August 2012

Irak nach dem "Regime change"

Iraq has executed 21 people convicted of terror-related charges, including three women, on the same day, a justice ministry spokesman said on Tuesday.

Sonntag, 26. August 2012

Mit Gauck gegen Links und Rechts

Auch bei der Welt ist die Botschaft der Rede Gaucks in Rostock angekommen:
Auch den Linksextremen widmet er eine paar Worte: "Wir sehen gerade wieder, wie wichtig es ist, zusammenzustehen", geht Gauck sie ein. Später lobt er das Engagement von Vereinen und Initiativen in Rostock, und ruft den "verwirrten Menschen", die das Gedenken stören, zu: "Wir werden immer mehr sein als ihr!" Dass ihn Linksextreme unterbrachen, dürfte Gauck in seiner Sicht bestätigen, wonach das politische Spektrum ein Kreis ist, wo ganz Rechte und ganz Linke näher bei einander agieren, als sie suggerieren.
Diese "Linksextremen" störten berechtigterweise das bürgerliche Gedenken, so wie sie die einzigen waren, die damals dem Hass der deutschen Bürger entgegenstanden, der sich gegen die Menschen im Sonnenblumenhaus entlud.

Zum Dank zeigten die pflichtbewussten, extremismuskritischen Bürger und Kinder von "Daddy Deutschland Gauck" (Berliner Kurier), wie man einem rassistischen Pogrom angemessen gedenkt und zerrissen das "Rassismus tötet" Transparent der Antifaschisten.


(Was ein ekliger Tag trotz dem schönen Regenwetter....)

Pflichtbewusst und gastfreundlich

Hannes Stein erklärt in der Welt, ganz ohne Ironie genau 20 Jahre nach dem Pogrom von Rostock-Lichtenhagen (jedoch aus anderem Anlass), warum die Deutschen stolz sein können auf ihr Land. In Deutschland gebe es nämlich eine unabhängige Justiz, Menschen, die "still und beharrlich ihre graue Pflicht erledigen" und eine gastfreundliche Demokratie. Na, wenn das so ist...

Ungesteuerte Einwanderung?

Fazke Jasper von Altenbockum schreibt:
Erst dann, nach jahrelangem Streit, war es möglich, neue rechtliche Möglichkeiten für eine gesteuerte Einwanderung zu schaffen.
Frage dazu: wann gab es denn diese implizierte "ungesteuerte Einwanderung" in Schland, mit offenen Grenzen für alle und jeden? Das ist doch auch eines dieser Neonazi-Märchen.

Der jubelnde Mob von Lichtenhagen

Ursprünglich lautete ein Satz aus dem Artikel des Pogrombejublers von der FAZ, Jasper von Altenbockum: Der Terror brachte manchen Sozialromantiker zur Besinnung und machte den Weg für eine gesteuerte Einwanderungspolitik frei.

 Sie "machten den Weg frei", Jasper von Altenbockum dankt.

"Permission to Engage"

Al-Jazeera English hat eine erschreckende und berührende Dokumentation über die Ereignisse eines US-Luftangriffes in Bagdad produziert. Im Jahr 2007 wurde dort eine Gruppe von angeblichen "Insurgents" durch die Besatzung eines Apache Helikopters getötet. Unter den Opfern des Angriffs befanden sich jedoch vor allem Zivilisten (darunter Journalisten und Anwohner, die den Verletzten zur Hilfe eilten).

Ein von der Bordkamera des Helikopters aufgezeichnetes Video des Geschehens wurde im Jahr 2010 von Wikileaks veröffentlicht und gelangte unter dem Titel Collateral Murder zu größerer Bekanntheit.

Samstag, 25. August 2012

Die FAZ über die positiven Seiten des Pogroms von Lichtenhagen

Erst „Lichtenhagen“ brachte manche dieser Sozialalchimisten zur Besinnung. Erst der „Asylkompromiss“ des Jahres 1993, erst die Änderung des Grundgesetzes und erst die Regulierung der bis dato mehr oder weniger schrankenlosen Einwanderung haben es möglich gemacht, in die Nähe eines gesellschaftlichen Konsenses über Rechte und Pflichten in einem Einwanderungsland zu kommen – ja, erst einmal darüber, ob Deutschland überhaupt ein Einwanderungsland ist oder nicht.

Erst dann, nach jahrelangem Streit, war es möglich, neue rechtliche Möglichkeiten für eine gesteuerte Einwanderung zu schaffen. Mit den Folgen einer Integrationspolitik, die ignorierte, dass Einwanderung nicht in ein Paradies aus Rechten, Freiheiten und Selbstverwirklichung führt, sondern nur gelingt, wenn Pflichten und Gemeinsinn im Mittelpunkt stehen, hat Deutschland bis heute zu kämpfen.

Und wieder: freies Land für freie Nazis.

Montag, 20. August 2012

Die Karawane zieht weiter...

Der Piecha bringt auch keinen Beitrag über den Nahen Osten zustande ohne schmierigen Orientalismus. Fazit: 1001 Nacht. Dass der sich dafür gar nicht schämt?

Wenigstens hat er mittlerweile den Unterschied zwischen Bashar und Bashir al-Assad gelernt. Jetzt könnte er eigentlich an zahlreichen anderen Baustellen arbeiten. So heißen die Milizen von Assad nicht shabiba/ شبيبة (Jugend), was ja eher die Bezeichnung für die Gegner Assads ist, sondern shabiha/ شبيحة, ein Begriff, der sich vom arabischen Wort für Gespenster herleitet.

Sonntag, 19. August 2012

"Antideutsche Antifa"

Weil es so schön zu meinem letzten Posting passt...
Aus einer Diskussion bei Indymedia zu den ekeligen Aufmärschen am Al-Quds-Tag:


 (Zur vollen Ansicht Screenshot anklicken!)

Wie viel Gülle kann man/frau eigentlich in der Birne haben?

Samstag, 18. August 2012

Schwarze Einwanderer gefährlich wie iranische Atomwaffen

"Illegal African migrants are no less a threat to Israel than Iran's nuclear weapons program, Interior Minister Eli Yishai said on Thursday."
Jpost

...und wenn dann bald der Iran angegriffen wird, wird dann auch unter den "illegalen afrikanischen Einwanderern" aufgeräumt? Kann mir das einer von den Freunden der israelischen Rechten bei Jungle World und Co näher erläutern?