al-Samidoun

Kommentare und Berichte zu Politik, Religion und Kultur mit Fokus auf den Nahen Osten.

Samstag, 19. Februar 2011

Da wird sogar mir mulmig zumute...

Gestern war der Kairoer Tahrir Platz einmal mehr überfüllt mit Menschenmassen. Manche Quellen sprechen von Millionen.
Und diese Menschenmassen brüllten folgenden Satz:

عالقدس رايحين, شهداء بالملايين

(Al-Quds rayihin, shuhada' bi-l-malayin)
Nach Al-Quds (Jerusalem) gehen wir, Märtyrer für Millionen

Hier das Video dazu.

Interessanterweise sieht man aber auch jetzt keine religiösen Symbole. Man sieht nicht die Menschen, wie sie den Koran in die Luft halten. Man sieht auch keine Shahada-Flaggen. Die einzigen auffälligen religiösen Symbole sind Schilder auf denen Halbmond und Kreuz vereint abgebildet sind.

Derweil hat die US-Regierung eine weitere UN-Resolution des Sicherheitsrates mit einem Veto blockiert. Die Resolution sollte die Siedlungen in der Westbank für illegal erklären. Es ist übrigens das erste Veto welches die Obama-Administration bisher einlegte.

Zuvor hatte Obama in einem langen, hitzigen Telefongespräch versucht, Mahmoud Abbas dazu zu bringen, die Resolution selbst zu blockieren.
Dadurch wäre es der amerikanischen Regierung erspart geblieben ihr Veto einzulegen. Denn durch die Blockierung dieser Resolution, die von 122 Ländern getragen wird, wird sich die US-Regierung in den arabischen Staaten noch wesentlich unbeliebter machen, als sie es eh schon ist. Es ist schon dramatisch anzusehen, wie sich Obama konsequent all die Sympathien systematisch zerstört, die er durch seine Rede 2009 in Kairo erntete.

7 Kommentare:

  1. "Die einzigen auffälligen religiösen Symbole sind Schilder auf denen Halbmond und Kreuz vereint abgebildet sind."

    Super, lang lebe die muslimisch-christliche Volksfront gegen den Feind der Völker!

    Deinen Beitrag finde ich es extrem verharmlosend.

    AntwortenLöschen
  2. Was ist an den simplen Feststellungen verharmlosend?

    AntwortenLöschen
  3. Die Juden als wichtige Religionsgemeinschaft in der Region werden bewusst ausgegrenzt. Zusammengenommen mit den skandierten Parolen ergibt das schon ein sehr besorgniserregendes Bild.

    In Tunesien scheint man aufgeklärter zu sein:
    http://blogs.reuters.com/faithworld/2011/02/20/tunis-march-against-islamists-for-harmony-after-polish-priest-murdered/

    AntwortenLöschen
  4. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

    AntwortenLöschen
  5. Das Problem weshalb auf den Schildern kein Davidstern abgebildet ist liegt schlicht an der traurigen Tatsache, dass die jüdische Bevölkerung Ägyptens heute leider verschwindend gering, bis nicht vorhanden ist (100 - 200 Leute?). In Tunesien ist sie viel bedeutender. Es beschwert sich bei den Ägyptern ja auch niemand, dass kein Hindusymbol auf den Schildern ist. Es wäre vollkommen überflüssig.

    Frage:
    Was hat ein islamistischer Terrorakt gegen einen christlichen Geistlichen in Tunesien mit der Gegnerschaft der Ägypter gegen Israel zu tun?
    Papst Shinuda hat den Kopten nach dem Friedensschluss Sadats mit Israel verboten Kontakte mit Israel aufzunehmen oder die heiligen Stätten in Israel zu besuchen (Verbot gilt bis heute). Papst Shinuda ein Islamist?

    Ich warne ausdrücklich davor zu denken, die Gegnerschaft gegenüber Israel kann nur islamistisch begründet sein. Damit würde man Jahrzehnte des Nahostkonflikts übersehen, in denen der Islam eine untergeordnete Rolle spielte.

    Es sind auch gerade die säkularen arabischen Parteien die sich gegen Islamismus stellen und gleichzeitig gegen die israelische Politik.

    AntwortenLöschen
  6. In Tunesien haben sie kein Problem damit, den Davidstern auf ihrem Plakat abzubilden. Darum gings mir. Und in Tunesien leben auch so gut wie keine Juden mehr:

    http://en.wikipedia.org/wiki/Tunisian_Jews

    Das Judentum ist immerhin eine der wichtigsten Religionen in der Region.
    Wenn gleichzeitig radikalantizionistische Parolen gerufen und Juden symbolisch aus der traditionellen Trias der abrahimitischen Religionen, denen des "Buches", ausgeschlossen werden, finde ich das schon bedenklich und kann es eigtl nur Antisemitismus nennen - und zwar recht offenen.

    AntwortenLöschen
  7. Pass auf... die haben diese Schilder ja nicht erstellt um gegen Israel zu demonstrieren. Kreuz und Halbmond haben sich die Ägypter im Zuge der Proteste gegen ihre Regierung auf die Schilder gemalt. Da es in Ägypten leider keine Juden mehr gibt, wäre es vollkommen überflüssig zu symbolisieren, dass die "ägyptischen Juden" auch Mubarak loswerden wollen.
    Hinzu kommt, dass es in der jüngsten Vergangenheit zu massiven "Spannungen" zwischen den Kopten und den Muslimen gekommen ist. Mit den Schildern will man zeigen, dass man sich von den Spannungen distanziert und gegenseitig akzpetiert.

    Die Schilder haben in erster Linie mit der ägyptischen Opposition gegen das System zu tun. Es ist eine innenpolitische Angelegenheit. Man symbolisiert, dass die beiden großen Bevölkerungsgruppen des Landes, also Muslime und Christen gegen das System sind.
    Mit Israel hat das absolut gar nichts zu tun.

    Die Tatsache, dass kein Davidstern auf den Plakaten zu sehen ist als Antisemitismus auszulegen ist schon äußerst weit hergeholt.

    AntwortenLöschen