al-Samidoun

Kommentare und Berichte zu Politik, Religion und Kultur mit Fokus auf den Nahen Osten.

Freitag, 31. Dezember 2010

Gaza’s Youth Manifesto for Change!

Einige Aktivisten der Jugendorganisation Sharek Youth Forum (منتدى شارك الشبابي) aus Gaza haben ein so genanntes Manifest für Veränderung veröffentlicht, das ich für lesenswert halte.

Die Aktivisten sparen nicht mit Kritik an Israel aber auch an der Hamas, die vor etwa zwei Wochen rabiat gegen die Organisation vor ging.

Weitere Informationen finden sich auch im nicht weniger lesenswerten Artikel über die palästinensische Feministin Asma' al-Ghoul:
Sorry, Hamas, I'm Wearing Blue Jeans


Ich habe das englische Original des Manifests auf die Schnelle übersetzt:

Fuck Hamas. Fuck Israel. Fuck Fatah. Fuck UN. Fuck UNRWA. Fuck USA!

Wir, die Jugend in Gaza haben genug von Israel, der Hamas, der Besatzung, den Verletzungen der Menschenrechte und die Gleichgültigkeit der Internationalen Gemeinschaft!
Wir wollen schreien und diese Mauer des Schweigens, der Ungerechtigkeit und der Teilnahmslosigkeit durchbrechen wie die israelischen F16 Flugzeuge die Schallmauer; schreien – mit all der Kraft in unseren Seelen um die gewaltige Frustration herauszulassen die uns auffrisst wegen dieser beschissenen Situation in der wir leben; Wir sind wie Läuse zwischen zwei Nägeln die einen Alptraum in einem Alptraum leben, kein Platz für Hoffnung, kein Platz für Freiheit. Wir sind es Leid in diesem politischen Kampf gefangen zu sein, wir sind die kohlenschwarzen Nächte Leid in denen Flugzeuge über unseren Häusern ihre Runden ziehen, wir sind es Leid dass unschuldige Bauern in der Pufferzone erschossen werden, weil sie sich um ihr Land kümmern. Wir sind die bärtigen Typen Leid, die mit ihren Waffen herumlaufen und ihre Macht missbrauchen, die junge Leute verprügeln oder einsperren weil sie für das demonstrieren an was sie glauben. Wir sind die Mauer der Schande Leid, die uns vom Rest des Landes trennt und uns gefangen hält in einem Stückchen Land, groß wie eine Briefmarke. Wir sind es Leid als Terroristen dargestellt zu werden, als hausgemachte Fanatiker mit Sprengstoff in unseren Taschen und dem Bösen in unseren Augen. Wir sind die Teilnahmslosigkeit Leid, die wir von der internationalen Gemeinschaft erfahren, diesen so genannten Experten darin ihre Sorgen auszudrücken und Resolutionen zu entwerfen aber Feiglinge darin, die Dinge auch durchzusetzen, auf die sie sich geeinigt haben. Wir sind krank und müde weil wir ein beschissenes Leben leben, von Israel in einem Gefängnis gehalten werden, die Hamas uns verprügelt und wir komplett ignoriert werden vom Rest dieser Welt.

Es wächst eine Revolution in unserem Inneren, eine gewaltige Unzufriedenheit und Frustration die uns zerstören wird, wenn wir keinen Weg finden diese Energie zu kanalisieren damit sie den Status Quo anfechten kann und uns ein wenig Hoffnung gibt. Der letzte Tropfen der unsere Herzen unter Frustration und Hoffnungslosigkeit erbeben ließ fiel am 30. November, als Hamas Offiziere zum Sharek Jugend Forum kamen, einer führenden Jugendorganisation (www.sharek.ps), mit ihren Waffen, Lügen und Aggressionen, jeden heraus schmissen, ein paar einsperrten und die Arbeit von Sharek verboten. Ein paar Tage später wurden Demonstranten vor Sharek geschlagen und einige eingesperrt. Wir leben wirklich einen Alptraum in einem Alptraum. Es ist schwierig Worte für den Druck zu finden, der auf uns lastet. Wir überlebten knapp die Operation Gegossenes Blei, als Israel wirkungsvoll die Scheiße aus uns heraus bombardierte, tausende Wohnhäuser zerstörte und sogar noch mehr Leben und Träume. Sie wurden die Hamas nicht los, wie sie vor hatten, aber sicherlich versetzten sie uns für immer in Angst und bescherten jedem ein post-traumatisches Stresssyndrom, weil es keinen Ort gab, an den man sich flüchten konnte.

Wir sind Jugendliche mit schweren Herzen. In uns tragen wir ein Gewicht so gewaltig, dass es uns schwer fällt den Sonnenuntergang zu genießen. Wie soll man ihn genießen wenn dunkle Wolken den Horizont verhängen und düstere Erinnerungen vor unseren Augen vorbei rauschen immer wenn wir sie schließen? Wir lächeln um den Schmerz zu verbergen. Wir lachen um den Krieg zu vergessen. Wir hoffen um nicht Selbstmord zu begehen, hier und jetzt. Während des Krieges hatten wir das unmissverständliche Gefühl, dass Israel uns vom Angesicht der Erde auslöschen wollte. Während der letzten Jahre tat die Hamas alles um unsere Gedanken, Verhaltensweise und Sehnsüchte zu kontrollieren. Wir sind eine Generation junger Menschen die es gewohnt sind Raketen zu sehen, eine Generation die die scheinbar unmögliche Mission trägt ein normales und gesundes Leben zu führen und die gerade so von einer massiven Organisation toleriert wird, die sich in unserer Gesellschaft wie ein bösartiges Krebsgeschwür ausgebreitet hat, welches effektiv alle Lebenszellen, Gedanken und Träume in seinem Weg tötet und die Menschen mit seinem Terrorregime lähmt. Nicht zu vergessen das Gefängnis in dem wir leben, einem Knast welcher uns von einem so genannten demokratischen Land aufgezwungen wurde.

Geschichte wiederholt sich auf grausamste Weise und niemanden scheint es zu kümmern. Wir sind verängstigt. Hier in Gaza haben wir Angst davor eingesperrt, verhört, geschlagen, gefoltert, bombardiert, getötet zu werden. Wir haben Angst zu leben, weil jeder einzelne Schritt den wir unternehmen wohl überlegt und durchdacht sein muss, es gibt überall Begrenzungen, wir können uns nicht bewegen wie wir wollen, nicht sagen was wir wollen, tun was wir wollen und manchmal sogar nicht denken was wir wollen, weil die Besatzung unsere Hirne und Herzen so furchtbar besetzt hat, dass es schmerzt und es treibt uns dazu endlose Tränen der Frustration und der Wut zu weinen.

Wir wollen nicht hassen, wir wollen nicht all diese Gefühle fühlen, wir wollen keine Opfer mehr sein. GENUG! Genug Schmerz, genug Tränen, genug Leiden, genug Kontrolle, Begrenzungen, ungerechte Rechtfertigungen, Terror, Folter, Entschuldigungen, Bombardements, schlaflose Nächte, tote Zivilisten, schwarze Erinnerungen, düstere Zukunft, herzzereißende Gegenwart, gestörte Politik, fanatische Politiker, religiöser Bullshit, genug Einkerkerung! Wir sagen Stopp! Dies ist nicht die Zukunft die wir wollen!

Wir wollen drei Dinge. Wir wollen frei sein. Wir wollen fähig sein ein normales Leben zu führen. Wir wollen Frieden. Ist das zu viel verlangt?
Wir sind eine Friedensbewegung, die aus jungen Menschen in Gaza und Unterstützern anderswo besteht, die nicht ruhen werden bis die Wahrheit über Gaza bei jedem in der ganzen Welt in dem Maße bekannt ist, dass kein stilles Einverständnis oder laute Teilnahmslosigkeit mehr akzeptiert wird.

Dies ist das Gaza Jugend Manifest für Veränderung!

Wir werden damit beginnen die Besatzung zu zerstören, die uns selbst umgibt, wir werden uns von dieser geistigen Gefangenschaft befreien und unsere Würde und Selbstachtung wieder erlangen. Wir werden dem Widerstand mit erhobenem Haupt begegnen. Wir werden Tag und Nacht arbeiten um die miserablen Zustände zu verändern unter denen wir leben. Wir werden Träume bauen wo wir Mauern begegnen.

Wir hoffen nur, dass du – ja du, der du diese Erklärung im Moment liest! - uns unterstützen kannst. Um herauszufinden wie, schreib an unsere Wand oder kontaktiere uns direkt: freegazayouth@hotmail.com

Wir wollen frei sein, wir wollen leben, wir wollen Frieden.

FREE GAZA YOUTH

Aufstände in Tunesien


Momentan fehlt mir die Zeit mehr zu schreiben, deshalb poste ich heute nur ein paar interessante Links über ein Thema das untergegangen ist in den letzten Tagen. Die Aufstände in Tunesien.

Als einer der wenigen deutschen Journalisten berichtete Karim al-Gawhary auf seinem Blog über die Vorfälle.
Die Spannungen begannen letzten Samstag, als sich Mohamed Bouazizi auf offener Straße mit Benzin übergossen und anzündetet hatte. Der 26jährige Gemüsestraßenhändler hatte einen Universitätsabschluss und konnte keine adequate Arbeit finden, um als einziger Brotverdiener seine Familie zu ernähren. Als die Behörden dann zum wiederholten Male seine Waren konfiszierten, hatte er wohl genug vom Leben. Am Mittwoch kletterte dann ein andere arbeitsloser junger Mann einen Strommast hoch und fasste an die Leitung. Zuvor hatte er noch gerufen „Nein zum Elend und nein zur Arbeitslosigkeit”.

Auf seinem Blog finden sich außerdem einige Videos und Bilder zu den Aufständen:
Ohne die Silvesterfeiern stören zu wollen: Tag 14 des Aufstands in Tunesien

Das englische Al-Jazeera hat ebenfalls einen ganz interessanten Kommentar zum Thema: Tunisia: The battle of Sidi Bouzid

Zweifellos würden die Geschehnisse eine vollkommen andere mediale Aufmerksamkeit bekommen, wenn sie sich beispielsweise im Iran ereignen würden.



Nachtrag: Weitere Informationen auch hier im Blog.

Dienstag, 28. Dezember 2010

Rassismusimport

Eine israelische Lösung
Bislang werden auf deutschen Flughäfen alle Menschen gleich behandelt. Doch damit könnte bald Schluss sein - die Flughäfen wollen Passagiere je nach Herkunft, Religion und Alter unterschiedlich kontrollieren.

Aber wenn es Araber tun ist es Antisemitismus.

Antisemitismus! Die Chance für die Welt!

Terrorismus, Wirtschaftsprobleme, Bildungsprobleme, "Deutschenfeindlichkeit", Kriminalität, ein sich abschaffendes Deutschland und Antisemitismus. Kaum ein Problemfeld in Europa, welches nicht auf die Muslime abgeschoben wird.

Die Welt ist wieder vorne mit dabei und versucht das Antisemitismusproblem allein auf die Muslime abzuwälzen.
Diese "Rotten fanatisierter, muslimischer Jugendlicher" würden ihren Ärger über "vermeintliche Untaten" Israels an den europäischen Juden auslassen, angestachelt durch, in Europa ausgestrahlte arabische Hasspropaganda (die jeder Journalist gerne erwähnt, kein Journalist jedoch verstehen kann).

Islamfeindlichkeit sei nicht das Problem. Der Antisemitimus durch Muslime sei es. Da interessiert es auch nicht, dass in Dresden keine Jüdin, sondern eine Muslima abgestochen wurde, nur eben weil sie Muslima war.
Oder der Iraker, der vor knapp zwei Monaten in Leipzig erstochen wurde. Ein weiteres Neonaziverbrechen über das nur widerwillig berichtet wurde.

Antisemitismus bei Muslimen und bei der restlichen Bevölkerung ist das Problem. Genau wie die Muslimfeindlichkeit in Europa, die leider schon so salonfähig ist, dass die Welt den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr erkennt.

Freitag, 24. Dezember 2010

Cui Bono

Ein von Wikileaks veröffentlichtes US-Dokument scheint zu bestätigen, was gemutmaßt worden ist: Israel soll einen Angriff auf einen syrischen Kernreaktor geflogen haben.

Sie bestätigen sich äußerst häufig diese Mutmaßungen... abgesehen vielleicht von den Mossad-Haien.

Wie war das Roger Cohen? Cui bono?

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Weihnachtsbaumverbot in Nazareth

Wir erinnern uns an letztes Jahr als Yussef al-Qaradawis "Weihnachtskritik" einen medialen Aufschrei verursachte. Man las von "Hetze gegen das Christentum" und ähnlichem. Als "Übersetzungsfehler" (oder bewusste Verzerrungen) der Rede bekannt wurden, sahen sich später verschiedene deutsche Zeitungen (vor allem SPON) zu Richtigstellungen veranlasst.

Ein ähnlicher Fall ereignete sich jetzt in Nazareth Illit. Arabische Gruppen hattten geplant in der Stadt Weihnachtsbäume aufzustellen, was jedoch vom Bürgermeister verboten wurde. Dieser sieht darin nämlich eine "Provokation".
"The request of the Arabs to put Christmas trees in the squares in the Arab quarter of Nazareth Illit is provocative," Mayor Shimon Gapso told AFP.

"Nazareth Illit is a Jewish city and it will not happen -- not this year and not next year, so long as I am a mayor," he said of the northern Israeli town.

Man kann davon ausgehen, dass diese Meldung bedeutend weniger Aufleben in der hiesigen Medienlandschaft verursachen wird. Schon gar nicht wird sie in der Welt als "Hetze gegen das Christentum" bezeichnet werden.

Mittwoch, 22. Dezember 2010

Guttenberg fordert Ronald-Reagan-Platz

Verteidigungsminister Guttenberg fordert, eine Straße oder einen Platz in Berlin nach Ex-US-Präsident Ronald Reagan zu benennen. Damit ist er nicht alleine.

Zitat Guttenberg:
"Eine Straßenbenennung nach diesem großen Ehrenbürger wäre sehr zu begrüßen und der angetretene Beweis dafür, dass rot-rote Dankbarkeit nicht bei Rudi Dutschke enden muss"

Richtig. Unvergessen bleiben die großartigen Taten des Ehrenbürgers Reagan, der sämtliche Militärdiktaturen in der Welt mit Dollarscheinchen und Waffen überhäuft hat, damit diese noch effektiver die eigene Bevölkerung terrorisieren konnten.
Da kann auch der (leider im Gegensatz zu Reagan) viel zu früh verstorbene Rudi Dutschke nun mal nicht mithalten.

Ich will unserem Supergutti den Mann seiner feuchten Träume ja nicht madig machen, dennoch schließe ich mich dem Titanic-Magazin an (das unter Martin Sonneborn viel besser war).

Nicht ganz so schlimmer Antisemitismus

MondoPrinte berichtete kürzlich über die erschreckend zynischen Aussagen Henry Kissingers (Politiker und notorischer Kriegsverbrecher).
“The emigration of Jews from the Soviet Union is not an objective of American foreign policy,” Mr. Kissinger said. “And if they put Jews into gas chambers in the Soviet Union, it is not an American concern. Maybe a humanitarian concern.”

So weit, so schlecht. Nun ist jedoch auch bekannt, dass Kissinger stets ein großer Freund des israelischen Staates war und dessen Wortführer und Freunde haben schon immer beide Augen zugedrückt, wenn ihre Verbündeten (von Sadat über die Phalangisten bis zum Hause Sa'ud) antisemitische Äußerungen tätigten.

Es war daher nur eine Frage der Zeit bis Israelfanatiker beginnen würden Kissinger für seine höchst zynischen Statements in Schutz zu nehmen.
Nun, lange hat es jedenfalls nicht gedauert, jetzt wurde bei der New York Times (dem anti-arabischen Flaggschiff der US Presse) "A Defense of Kissinger, From Prominent Jews" veröffentlicht.

Clyde Haberman referred to the shock and dismay of some in the Jewish community in response to certain comments by Henry A. Kissinger in a 1973 conversation with President Richard M. Nixon. However, the fuller Kissinger record should be remembered.

Just several weeks before this conversation, Mr. Kissinger and Nixon agreed to provide Israel with 100 advanced aircraft and to remove Israeli issues from the State Department to the White House, something strongly sought by Golda Meir, who was then prime minister.

Wenn also jemand antisemitischen Mist von sich gibt, Israel aber mit Waffen beliefert, dann wird ihm seine "kleine Sünde" verziehen.
Aber wage es nur jemand sich kritisch gegenüber dem Staat zu äußern! Dann wird die geballte Macht des Antisemitismusvorwurfes auf ihn niederprasseln, so lange bis er kooperiert, klein beigibt oder eben - Waffen liefert.

Rassismus der Außenminister

Zwei kleine Zitate zum Thema, was Araber von westlichen Außenministern und "Vermittlern" im Nahost-Konflikt zu erwarten haben.

Über den Terroranschlag 1946 auf das Jerusalemer King David Hotel durch den israelischen Terroristen Menachem Begin bei dem 91 Menschen (hauptsächlich Araber) ums Leben kamen witzelte der australische Außenminister Rudd - grob übersetzt, dass "Menachem Begin den Innenbereich (des Hotels) neugestaltet" hätte.
Rudd made a distasteful joke about Menachem Begin carrying out ''some interior redesign'' of Jerusalem's King David Hotel - referring to a terrorist bombing in 1946 that killed 91 people.
Wahrscheinlich wurde der Satz zum Schenkelklopfer, zum Insidergag zwischen Rudd und seinen israelischen Politikerfreunden. Man stelle sich die Aufregung vor, ein Politiker hätte so lax über die Anschläge auf israelische Busse gesprochen. Aber über tote Araber kann man witzeln, tote Israelis bedeuten Staatstrauer.

Rudds Amtskollegin Hillary Clinton äußerte sich kürzlich besorgt darüber, dass womöglich bald zu viele Palästinenser in Israel leben würden und somit der Staat gefährdet sei.
The long-term population trends that result from the occupation are endangering the Zionist vision of a Jewish and democratic state in the historic homeland of the Jewish people.
Natürlich kann so ein Szenario nicht für echte Demokratien gefährlich werden, in denen die Bürger gleich sind vor dem Gesetz und man keinen Unterschied aufgrund der ethnischen Herkunft macht.

Mahmoud Abbas wird man jedenfalls nicht dabei ertappen, dass er sich gegen solche Äußerungen ausspricht. Er scheint es zu genießen erniedrigt zu werden. Dazu lässt er keine Gelegenheit aus. So auch seine palästinensischen Feuerwehrleute, die gerade noch die Brände in Israel gelöscht haben und kurz darauf, anlässlich einer Ehrung aus "Sicherheitsgründen" nicht nach Israel einreisen dürfen.

Dienstag, 21. Dezember 2010

"The Captive Arab Mind"

Die New York Times mausert sich langsam zum Flaggschiff was die Verbreitung anti-arabischer Ressentiments angeht. Diesmal hat Robert Cohen (Nahostexperte mit einer halben Woche Beirut-Erfahrung) zugeschlagen und man will sich die Folgen kaum ausmalen, wenn er den Artikel über Juden und nicht über Araber geschrieben hätte.

This mocking “analysis” is often deployed deadpan by my colleague, Robert Worth, the New York Times correspondent in Beirut. After three years living in Lebanon and crisscrossing the Arab world, he uses this “theory” to express his frustration with the epidemic of cui bono thinking in the region.

I say “thinking,” but that’s generous. What we are dealing with here is the paltry harvest of captive minds.
Sein Machwerk ist mit dem Titel "The Captive Arab Mind" versehen und der so genannte "Arab Mind" war schon immer eine Spielwiese, auf der sich anti-arabische Rassisten vom Schlage Cohens austoben konnten.
Man denke da an das gleichnamige Buch "The Arab Mind" von Raphael Patai, welches guten Gewissens zur Spitze der vor Rassismus und Orientalismus triefenden Literatur über die Araber gezählt werden kann. Ein Buch, dass nicht nur zur anti-arabischen Bibel der Neocons wurde, sondern auch zur Anleitung für die fachgerechte Erniedrigung von Arabern in US-amerikanischen Foltercamps wie Abu Ghuraib.

In dieser Tradition sieht sich Cohen also, wenn er über die "erbärmliche Erträge des gefangenen, arabischen Geistes" redet.

Antisemitismus! Die Chance für Leon de Winter!

Leon de Winter, Vollzeitrassist - der sich auch schon mal für Massenmord an Palästinensern begeistern kann ist wirklich der Allerletzte, der sich zum Thema Rassismus äußern sollte. Wir erinnern uns dazu an seine Forderung:
[...]skrupellose Verteidigung Israels gemäß den Regeln von Hama, (nach der syrischen Stadt Hama, die von Präsident Assad, dem Vater, nach einer Revolte völlig ausgelöscht wurde).
Wenn es nach de Winter gehen würde dann wären Gaza, Beirut und andere arabische Städte heute entvölkert und "völlig ausgelöscht".
Man sollte nicht zu denken wagen, dass es so jemandem gestattet wird sich dem ernsten Thema des Antisemitismus in Europa und speziell den Niederlanden anzunehmen.

Doch so wie es ein Hund nicht lassen kann sich im Nachbarsgarten zu erleichtern, so lässt auch de Winter keine Chance verstreichen dem Europäer zu erklären, wie gefährlich der Moslem ist.
Denn wenn jemand weiß wie der Moslem tickt, dann ist es de Winter. Auf seinem Welt-Blog erklärt er:
Jordan and Egypt may have signed peace treaties with Israel, but the radical objective of getting rid of Israel is the heritage of every Moslem, and Israel's continued success is the thorn in every Moslem's side.
Für de Winter ist klar: Heute sind die Muslime die Antisemiten und außer denen höchstens noch ein paar "vorgestrige Neonazis".
Versprengte Grüppchen vorgestriger Neonazis hat es von jeher gegeben, aber die neuen Antisemiten sind junge niederländische Muslime, Kinder marokkanischer Immigranten.
Das weiß de Winter deshalb so gut, weil er sich in die "Psyche" des Moslems so gut hineindenken kann und daher weiß er auch:
Die Juden sind in ihren Augen die neuen Nazis[...]
Dass er diesen Satz bringt nachdem er im vorherigen erklärt hat, dass heute die "jungen Muslime" die neuen Nazis sind, macht ihn offenbar nicht nachdenklich.

Es hat schon etwas skuriles, wenn sich Rassisten über Rassisten beschweren, denn de Winter macht keinen Hehl daraus, was er von Muslimen und insbesondere von seinem liebsten Hassobjekt den Palästinensern hält:
Die palästinensische Nation existiert nicht und kann nicht existieren, weil die palästinensische Gesellschaft - westliche Medien und Politiker suchen diese Realität zu leugnen - eine Ansammlung von tribalen, religiösen und kriminellen Familien und Banden ist.
Und dieser Mensch bekommt von der Zeit bis zu Springers Welt eine Plattform geboten seinen geistigen Unrat abzusondern.

So, kann man jetzt bitte ernsthaft über das Antisemitismusproblem diskutieren?

Freitag, 17. Dezember 2010

Parallelen zwischen Antisemitismus und Muslimhass

Seit gestern lese ich kreuz und quer durch das Buch "Studien zum autoritären Charakter" von Theodor W. Adorno.
In dieser Arbeit versucht Adorno mit teils psychoanalytischen Methoden nachzuweisen, "dass die Anfälligkeit für faschistische Propaganda weniger mit politischen, wirtschaftlichen und sozialen Vorstellungen per se zusammenhängen, sondern dass solche Meinungen als Reaktionen auf psychische Bedürfnisse zu verstehen, Ausdruck einer bestimmten, der autoritätsgebundenen Charakterstruktur seien.“ (Aus dem Vorwort von Ludwig von Freiberger)
In diesem Rahmen untersucht Adorno auch den engen Zusammenhang zwischen antisemitischen Vorstellungen und faschistischen Tendenzen.
Im Buch werden immer wieder verschiedene Zitate kommentiert, die von US-Amerikanern der weißen Mittelschicht stammen, welche für die Studie befragt wurden.

Die dabei geäußerten antisemitischen Ausfälle ähneln teilweise erstaunlich den Äußerungen über Muslime, die in letzter Zeit so populär geworden sind.
Zu diesem Schluss kam ich jedenfalls, als ich heute die Welt las.

Konkret ging es um den Kommentarbereich zum Artikel "Katar kündigt Milliardeninvestition in Deutschland an".
Dazu ein paar Zitate*:
„Der Ausverkauf in Europa an arabischen Staaten geht immer weiter. Dieses ist gut ablesbar an der Hofierung des Islam. Was diese Idiologie sich in Europa erlauben kann, ist schier unglaublich.Die Strippen werden in Saudi Arabien gezogen. Unsere Politiker sind nur noch Marionetten, die alles dafür tun, dass das arabische Geld in Europa bleibt und nicht abgezogen wird. Das wäre nämlich der wirtschaftliche Untergang.“

Interessant ist hier die unterstellte finanzielle Ausbeutung von Nichtmuslimen durch Muslime. Kannte man solche Verschwörungstheorien vorher vor allem auf das Judentum bezogen ("Finanzjudentum"), scheint der Vorwurf auch mit den Muslimen zu funktionieren.
„Unsere“ Politiker seien gesteuert von dieser islamischen Macht in Saudi-Arabien. Saudi-Arabien wird von vielen gerne, so falsch es auch ist, als „Zentrum“ des Islams gesehen. (Nach der selben Logik müsste heute das Zentrum des Christentums in Israel oder Palästina liegen.)
Dass viele überhaupt ein „Zentrum des Islams“ annehmen zeigt wie stark bei jenen die Vorstellung ist, dass es eine Art "Schaltzentrale" gäbe, die die Muslime auf der Erde befehlige.


Ein anderer User stellt fest:

„Es sind die hier lebenden Muslime, die das zentrale und ursächlichste Problem unserer Epoche darstellen. Hier muss was geschehen. Ohne einen klaren Stop von Immigration UND Asyl aus muslimischen Ländern und ohne Ausschlaffung von kriminellen und schmarotzenden Ausländern werden sich die vorhandenen Probleme drastisch zuspitzen.“

Dieser Beitrag fiel mir vor allem deshalb auf, weil Adorno in seiner Analyse explizit auf die „Problem“- Formulierung eingeht.

"Während der Anschein der Objektivität gewahrt bleibt, wird stillschweigend unterstellt, dass die Juden das Problem sind, und zwar ein Problem für die übrige Gesellschaft. Es ist nur ein Schritt von diesem Standpunkt zu der Ansicht, dass dieses Problem – seinen eigenen speziellen Erfordernissen, also der problematischen Natur der Juden gemäß – behandelt werden muss, und dass dies selbstverständlich die Grenzen demokratischen Verfahrens überschreiten wird. Überdies verlangt das „Problem“ nach einer Lösung, und sobald die Juden selbst als dieses Problem abgestempelt sind, werden sie zu Objekten, nicht nur für „Richter“ mit höheren Einsichten, sondern auch für die Vollzieher einer Aktion. Ohne noch Subjekte in ihnen zu sehen, behandelt man sie wie Elemente einer mathematischen Gleichung. Nach einer „Lösung des jüdischen Problems“ rufen, heißt schließlich, die Juden zum manipulierbaren „Material“ zu erniedrigen.“

Die Parallelen zwischen dem angeblichen "jüdischen Problem" und dem angeblichen "muslimischen Problem" sind deutlich erkennbar.

Ähnlich wie den Juden häufig vorgeworfen wurde, nämlich dass sie heimlich die Mehrheitsgesellschaft unterwandern würden, wird dieser Vorwurf heute oft gegen Muslime vorgebracht. Unter den Befragten der "Faschismus-Studie" gibt beispielsweise eine Frau an, dass der Einfluss der Juden zunehme und sie daher sehr aufgebracht sei über die „Infiltration“ von Juden. Ein anderer Befragter äußert:

„Praktisch übernehmen die Juden das Land. Sie kommen überall rein. Nicht dass sie gerissener wären, aber sie tun alles, um die Oberhand zu gewinnen. Sie sind alle gleich.“

Im Kommentarbereich der Welt heißt es in Bezug auf die Muslime:

„In 20 Jahren können wird dann sowas ähnliches wie die IRA gründen, und versuchen das abgespaltene, islamische, Norddeutschland wieder unter Deutsche Kontrolle zu bringen. Weil wir uns jetzt nicht gegen die Invasoren wehren!“

Abgesehen vom skurilen Vergleich findet man auch hier das der Infiltration strukturell ähnlich Szenario einer „Invasion“. Der Vorwurf funktioniert dabei völlig unabhängig von den tatsächlichen Einwanderungszahlen, die zumindest auf Deutschland bezogen in den letzten Jahren eher geschrumpft sind.
Die Investition durch Menschen aus dem Golfstaat wird außerdem als feindlicher Akt gewertet.

„Egal wieviel die Araber zahlen, für mich ist der Aufkauf durch Muslime immer eine feindliche Übernahme.“

Auffällig ist hier, dass die Begriffe "Araber" und "Muslime" als Synonyme verwendet werden. Eine Investition Qatars wird also in erster Linie als "muslimische" Handlung wahrgenommen. Die Araber handeln demnach grundsätzlich "muslimisch" egal was sie tun. Wie am ersten Zitat zu sehen, werden diese Handlungen oft als planmäßig und gesteuert betrachtet.
Als "Endziel" wird meist eine Islamisierung Europas, des Westens oder auch der ganzen Welt gesehen.

„Unsere Abhängigkeit von islamischen Staaten wird hiermit noch mehr vergrößert. Dies ist einer der weiteren Schritte zu einem islamischen Gottesstaat Germanistan. Es soll sich niemand einbilden, dass die islamischen Staaten das aus einer freundlichen Gesinnung zu der deutschen Bevölkerung betreiben.“

Eine wirtschaftliche Beteiligung Qatars vollzieht sich nach dieser Sicht im Rahmen einer gezielten Strategie die Welt zu islamisieren und zu übernehmen.

Ein weiterer User dehnt den Rahmen der „Feindvölker“ aus. Interessanterweise nennt er hier die Angehörigen einer Religion in einer Reihe mit den Bevölkerungen von Nationalstaaten. Auffällig ist die völkische Argumentationsweise.

„Wir Deutschen werden immer mehr (oder sind es bereits) die Sklaven von Moslems, Chinesen oder Indern. Unser Volk hat vollständig seinen Stolz, seine Ehre und sein kulturelles Erbe verloren. Dazu lassen unsere Politiker noch den ungehinderten Zuzug von muslimischen Migranten zu, die weiterhin unser Sozialsystem aushölen und die Kriminalstatistiken in ungeahnte Höhen treiben."

Man darf den sich stetig entwickelnden Hass auf Muslime auf keinen Fall unterschätzen. Zumal solche Aussagen, wie ich sie hier zitiert habe auch vermehrt außerhalb des anonymen Internets geäußert werden. Seit der Sarrazin-Debatte scheinen da einige Dämme gebrochen zu sein.

Selbstverständlich hatte der Antisemitismus in der Geschichte unvergleichbare Folgen aber zumindest strukturell gibt es durchaus Parallelen zwischen Antisemitismus und Muslimhass.
Zugegeben, mit Micha Brumlik stimme ich äußerst selten überein, hier jedoch hat er Recht:

"Für eine Strukturidentität von Antisemitismus des späten Kaiserreichs und heutiger Islamophobie, für semantische Überschneidungen in den Äußerungen Treitschkes und Sarrazins und auch Helmut Schmidts liegen so viele Indizien vor, dass eine vergleichende wissenschaftliche Konferenz, wie sie Benz organisiert hat, nicht nur zulässig, sondern geradezu geboten war."

Die, die sich über solche Vergleiche pikieren, sind übrigens meist genau die, die selbst anti-muslimische Ressentiments hegen.
Es bleibt zu hoffen, dass sich die Politiker in Europa ihrer Verantwortung bewusst werden und statt die Debatte mit rassistischen Äußerungen zu befeuern, endlich geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen.



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(Ich sehe den Begriff "Islamophobie" kritisch und versuche ihn deswegen nicht zu verwenden. Stattdessen halte ich den Begriff "Muslimhass" für treffender, auch wenn ich mit diesem ebenfalls etwas unzufrieden bin.)

*Die Zitate sind von mir buchstabengetreu aus dem Kommentarbereich der Welt übernommen worden. Ich habe mir jedoch erlaubt die besonders relevanten Stellen fett zu markieren.

Botschafter der EU-Delegation in Kairo

„Man muss sagen, Ägypten hat in den letzten Jahren mutige Schritte unternommen, um eine Kultur der Menschenrechte auf allen Ebenen der Gesellschaft zu fördern“.

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Die Welt inmitten von Moslems

Die Springer-Presse nutzt einen Artikel zu Xavier Beauvois' Kino-Film "Von Menschen und Göttern", um Panik vor Muslimen zu schüren.
In Beauvois' Film geht es um das tragische Schicksal einiger Mönche in Algerien.
Vielleicht sind wir tatsächlich wie sie, die da stehen und singen im schlichten Gebetsraum ihres mild von der Sonne beschienenen Trappistenklosters, oben auf einem Hügel am Fuße des algerischen Atlasgebirges. Auf einem Außenposten der westlichen Welt, von Moslems umgeben.

Die Mönche werden bleiben in ihrer festen Burg inmitten von Moslems[...]

[...]ein halbes Jahr nach ihrem mächtigen Gesang wird man die meisten von ihnen entführen, töten. Und man wird ihre abgeschlagenen Köpfe finden.

Drei Millionen Zuschauer haben in Frankreich dem Glaubenskampf der Trappisten beigewohnt. Und vielleicht haben sie sich tatsächlich selbst, haben sie Europa in den Eingeschlossenen vom Atlas erkannt. Es wäre nicht das Schlechteste.

Für den Autor Krekeler ergeben sich also Parallelen zwischen den "von Moslems umgebenen" Mönchen, die schließlich einen grausigen Tod finden, und den Europäern. Auch Europa ist demnach von blutdurstigen Moslems umgeben, die nur darauf warten über die friedliebenden Europäer herfallen zu können.
Ein Europa, in dem etwa 5 bis 7,5% Muslime leben.
Es ist die gleiche Logik wie sie viele Islamisten an den Tag legen deren Meinung es ist, dass der Westen einen Krieg gegen den Islam führe. Als Beweis sehen sie die zerstörerischen Kriege, die von westlichen Armeen gegen Länder wie Afghanistan oder den Irak geführt werden.
Jetzt kann man sich natürlich fragen, wer unter der größeren Realitätsverzerrung leidet: Der Islamist, mit den ganz realen Kriegen vor der Haustür oder der Welt-Journalist, der über einen Film über ein Ereignis in den 90er Jahren schreibt.
Beide reden sie Unsinn.

Keine Frage, was diesen Mönchen in Algerien widerfahren ist, ist zutiefst tragisch und vehement zu verurteilen aber muss man solche Ereignisse unbedingt ausnutzen um gegen Muslime zu hetzen?
Noch dazu wo es um Algerien geht, ein Land, das selbst von europäischen Kolonialmächten aufs bitterste geschändet wurde, eine Tatsache die wohlweislich nicht erwähnt wird in der kleinen Filmkritik.

Es sind Artikel dieser Art, die eine vollkommen irrationale Angst in der Bevölkerung schüren und klar machen sollen: Wenn wir uns wie diese Mönche verhalten, das heißt friedlich und singend, dann sind wir bald genau so tot wie sie.
Wenn aber der ein oder andere Spinner daraufhin zur Tat schreitet, dann will wieder keiner Schuld gewesen sein.

Dienstag, 14. Dezember 2010

Zur Situation von TextilarbeiterInnen in Bangladesh

Bei einem Brand in einer Textilfabrik sind in Bangladesh mindestens 25 Menschen ums Leben gekommen. Erst am Sonntag gab es bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Textilarbeitern und Sicherheitskräften wegen ausstehender Lohnerhöhungen Tote.

Die Textilindustrie ist mit etwa 4000 Fabriken der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes. Die Waren im Wert von etwa zehn Milliarden Dollar (7,5 Milliarden Euro) werden vor allem nach Europa und in die USA exportiert.

Damit wir in Europa unsere Texashosen bei Kik, Lidl und Co für 9€ kaufen können, müssen in Bangladesh Arbeiter und vor allem Arbeiterinnen für einen Hungerlohn arbeiten und werden niedergeknüppelt, wenn sie dreist mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen fordern.

Hier ein etwas älterer Al-Jazeera English Beitrag zu dem Thema.

Weitere aktuelle Informationen auch auf Entdinglichung.

Die linke, rechte und mittige Solidarität mit Israel

Die Bundesrepublik hat nun, erstmals in ihrer Geschichte seit den frühen sechziger Jahren, nicht nur eine proisraelische, keiner Palästinensersympathie mehr verdächtige Linke, deren Organe von „Konkret“ bis zur „Jungle World“ reichen. Sie hat auch eine ebenso gestimmte Rechte. Ein Datum, das man sich notieren sollte.

Es ist unheimlich aber in dieser Einschätzung liegt die faz vollkommen richtig. Man kann es drehen und wenden wie man will: die Zeiten der Solidarität mit den Palästinensern ist vorbei, bevor sie richtig begonnen hat. Ob in der Mitte oder im politisch rechten und linken Spektrum.

Doch was hat diesen Umschwung in der Meinung verursacht? Schaut man sich einmal die Entwicklungen der vergangenen Jahre an, dann muss man um so mehr staunen, dass ausgerechnet die Sympathien für Israel und nicht für die Palästinenser gestiegen sind.

Das Ende der Israel-freundlichen Geschichtsschreibung
Die ursprüngliche Propagandageschichtsschreibung von bösartigen Arabern und herzensguten Israelis ist spätestens in den Achtzigern mit den so genannten „Neuen Historikern“ widerlegt worden.
Seit Auswertung zuvor geheimer, israelischer Armeedokumente kann heute jeder die tatsächlichen Geschehnisse in Geschichtsbüchern nachlesen.
Die palästinensische Geschichtsvariante von Vertreibung und Enteignung, die vorher als Propagandamärchen abgetan wurde, ist heute gut belegt und wird selbst von eisenharten Zionisten nicht mehr geleugnet.
Was also vorher als Kampf Davids gegen Goliath die Sympathien für Israel weckte, gilt heute historisch als Fehldarstellung.

Israels ist so sicher wie selten

Israel ist heute nicht mehr von Feinden umgeben, sondern von stillschweigenden Freunden und Sympathisanten. Das ist zwar schon seit Jahrzehnten so, aber mittlerweile lässt sich auch dieses Faktum nicht mehr einfach weg erklären. Nicht zuletzt dank Wikileaks.
Während in den 70ern Angriffe auf israelische Diplomaten und andere Beamte auch außerhalb Israels eine reale Gefahr darstellten, sind Repräsentanten des Staates heute so sicher wie nie zuvor.
Auf der anderen Seite hat Israel Morde dieser Art nicht eingestellt. Der israelische Geheimdienst bedient sich für seine Exekutionen an unliebsamen Personen sogar besonders dreister Methoden, in dem er Pässe befreundeter Staaten fälschen lässt und mit deren Hilfe im Ausland Verbrechen begeht. Ob Hamasmitglieder in Dubai oder iranische Atomwissenschaftler. Ernsthafte Konsequenzen sind jedoch auch hier nicht zu erwarten.

Wie steht es also um die Sicherheit Israels?
Nun, es gibt keine Selbstmordattacken mehr in Israel. Sonstige Terrorangriffe wie der durch die Hamas auf israelische Siedler vor einigen Wochen sind so selten, dass es selbst die israelischen und US-amerikanischen Medien eingestehen.
Die Palästinensische Autonomiebehörde arbeitet Hand in Hand mit der Besatzungsmacht bei der Bekämpfung jeder kleinsten Regung von Widerstand.
Öfters hat man in den vergangenen Monaten davon gelesen, dass die israelische Armee sich aus verschiedenen Stützpunkten der Westbank zurückziehen konnte, weil die PA Polizei nun für die israelische (nicht jedoch die palästinensische) Sicherheit garantieren kann. (Ein übliches Phänomen aus der Geschichte des Kolonialismus.)
Sogar die berüchtigten Raketen der Hamas und des Islamischen Dschihad fliegen kaum noch und haben in diesem, knapp vor dem Ende stehenden Jahr, in Israel einen thailändischen Gastarbeiter getötet und insgesamt gesehen in sieben Jahren 16 Menschen das Leben gekostet. Das ist viel aber steht in keinem Verhältnis zu den Toten auf palästinensischer Seite.
Heute versucht die Hamas stattdessen mit allen Mitteln Raketenabschüsse aus dem Gazastreifen zu verhindern.
Lediglich dem Iran könnte man vorwerfen, er stelle eine Bedrohung für Israel dar. Wobei man sich fragen muss, ob der Iran nicht vor allem deshalb an einer atomaren Bewaffnung interessiert ist, weil das Fadenkreuz der USA direkt auf seine Stirn gerichtet ist und es seine beiden Nachbarländer Irak und Afghanistan bereits erwischt hat. Man stelle sich die Haltung der USA vor, wenn Kanada und Mexiko bereits von feindlichen Truppen überrannt worden wären und diese die USA zum nächsten Ziel erklärt hätten. Eine gewisse Nervosität würde man sicher auch in Washington spüren.

Kaum außenpolitischer Druck
Der Gazakrieg 2008/09 tötete aberhunderte palästinensische Zivilisten und legte den Gazastreifen in Schutt und Asche während auf israelischer Seite drei Zivilisten ihr Leben verloren haben.
Die Zeiten, als auch auf israelischer Seite hunderte tote Soldaten zu beklagen waren sind endgültig vorbei. Es sind diese Konflikte an denen man erkennt: Israel hat keinen Feind in der Region der auch nur ansatzweise gefährlich werden könnte; der auch nur im Entferntesten mit diesem hochmodernen Militärapparat mithalten kann.
Und trotz der katastrophalen Folgen für die Bevölkerung des Gazastreifens waren die Reaktionen auf den Krieg verhalten, was die Regierungen der Welt angeht.
Der auf den Krieg folgende Goldstone-Report schlug zwar kurzzeitig Wellen, die Sache verlief sich jedoch schnell wieder im Sande.
Und selbst offensichtlich kritikwürdige Handlungen wie die Stürmung der Gaza-Flotte haben keine ernsthaften Konsequenzen nach sich gezogen.
Ja, selbst die Türkei signalisiert bereits wieder, dass man gerne einen Schlussstrich unter den Vorfall ziehen würde.

Siedlungsbau und andere Friedenshindernisse
Niemand kann heute noch leugnen, dass das größte Hindernis zu einem Frieden die israelische Siedlungspolitik ist.
Seit dem Tode Arafats sind Mahmud Abbas und Muhammad Dahlan die größten Geschenke, die Israel bisher gemacht werden konnten. Jedenfalls geht von solchen Personen absolut keine Gefahr aus für die israelischen Interessen.
Andere Gruppen wie die PFLP sind abhängig von den Dollarscheinchen der Autonomiebehörde und halten sich brav zurück, maschieren hier und dort nochmal in purpurroten Uniformen auf und ergehen sich sonst in sentimentalen Erinnerungen an mehr oder weniger märtyrerhaft verschiedene Figuren wie Habash oder Abu Ali Mustafa.
Auf der israelischen Seite steht dagegen eine starke Regierung an der sich die Obama-Administration die Zähne ausgebissen hat und die nahezu unbeschadet, das heißt ohne ernsthafte außenpolitische Schwierigkeiten, den Mord an Mabhouh und das Flotillen-Massaker überstehen konnte und sogar munter und ungehindert mit dem Siedlungsbau fortfährt.

Hält man sich diese Fakten vor Augen erscheint es wirklich erstaunlich, dass die Solidarität mit Israel weiter zunimmt, während die Parteinahme für die Palästinenser stetig schrumpft.

Der Islam als Feindbild?
Auch wenn man auf Zuspruch von Rechts gerne verzichten kann bleibt die Frage interessant, was sämtliche Bevölkerungsteile in Deutschland zur Solidarität mit Israel treibt.
Ehrlich gesagt habe ich dazu auch keine einleuchtende Erklärung. Soll es wirklich alles nur am islamistischen Terror liegen?
Ich war zwar schon immer der Meinung, dass der 11. September mit das schlimmste war, was der palästinensischen Sache passieren konnte aber eigentlich müsste jedem Interessierten sehr schnell klar werden, dass diese Erklärung alleine nicht ausreicht.

Und doch spielt der Islam eine Rolle.
Seit der "Islamisierung" des Konfliktes ist es für einen Europäer schwierig geworden sich mit der palästinensischen Sache zu identifizieren. Wie will man einem Linken schon klar machen, dass israelische "Ungläubige" verbotenerweise "islamisches Land" besetzt halten?

Als der Konflikt noch als Kampf gegen Imperialismus und Neokolonialismus gesehen wurde, boten die Palästinenser wesentlich mehr Fläche für Sympathien. Islamisten jedoch, die überall auf der Erde Terror verbreiten verdienen nun einmal keine Parteinahme von vernünftigen Menschen. Und die pro-israelischen Gruppen lassen keine Chance aus den Nahost-Konflikt genau so darzustellen: als Kampf von muslimischen, religiösen Wahnsinnigen gegen weltoffene, friedliche Juden, Christen und Atheisten.

Die "Islamisierung" des Konflikts hat den Palästinensern also mehr geschadet als vieles in der Geschichte des Konflikts.
Es ist kaum verwunderlich, dass vor allem Saudi-Arabien hinter der Islamisierung der palästinensischen Gruppen stand. Der rechte Flügel der Fatah um Arafat nahm das saudische Ölgeld gerne an, während Leute wie Abu Iyad an Gewicht verloren.
Und auch für die israelische Politik ist eine Hamas im Endeffekt nützlicher als eine säkulare Widerstandsgruppe. So lässt sich wunderbar zeigen, dass Israel den gleichen Kampf gegen religiöse Fanatiker führt, wie alle westlichen Regierungen. Von Schweden, über China und Russland bis in die USA.
Dass eine Sauerlandgruppe von gänzlich anderen Motiven getrieben ist, als ein palästinensischer Kämpfer wird dabei nur zu gerne ausgeblendet.

Und hier bieten sich schließlich Anknüpfungspunkte zwischen den rechtsextremen und den so genannten linken Gruppen in Europa. Israel führt nach deren Logik den selben Kampf wie Deutschland in Afghanistan. Ein Kampf gegen rückständige, religiöse Fanatiker.
Natürlich ist das einfacher als sich Gedanken über die wahren Hintergründe der Politik machen zu müssen.
Wenn dann zusätzlich die europäischen Medien keine Chance auslassen auf Migranten aus den muslimischen Ländern einzudreschen, dann schlägt sich diese Politik auch in der Unterstützung islamfeindlicher Parteien nieder, die sich ihrerseits wieder bewusst pro-israelisch geben.

Auch wenn der Nahost-Konflikt nie wirklich ein religiöser war, so dient es der israelischen Politik ihn so erscheinen zu lassen. Nach dem Muster: Israel gegen radikale Islamisten, die die westlichen Freiheiten hassen.

Es sind die einfachen und stumpfen Ideen, die die Rechten und einfältigen Linken anziehen.
Doch so einfach wie sie sind, so gefährlich sind sie auch.

Samstag, 11. Dezember 2010

Warum Ägypten für den weißen Mann besser keine Demokratie werden sollte

Jörg Lau erörtert auf seinem Blog, warum Ägypten besser keine Demokratie werden sollte. Ich erlaube mir, eine solch zynische Sicht zu kommentieren.

Zwar erkennt Lau zutreffend, dass die Wahlmanipulationen des ägyptischen Regimes für den Westen offensichtlich ein kleineres Problem darstellen als die Wahlmanipulationen im Iran, den Grund dafür verortet er aber darin, dass der Iran die Guten unterdrücke, während Ägypten dagegen die Bösen unterdrücke.
"Der Unterschied liegt auf der Hand: In Ägypten hält ein säkulares Regime (na ja…) die Muslimbrüder unter der Knute. Im Iran hat ein klerikalfaschistoides Mullahregime eine Opposition unterdrückt, die eine Öffnung des Systems wollte (wenn auch viele in der Grünen Bewegung eben nicht die Abschaffung des Regimes wollten)."

Für Lau gibt es nur eine ägyptische Opposition, die Muslimbrüder. Dass alle anderen Gruppen, von den im Gegensatz zur Regierung wirklich säkularen Organisationen bis zu den Sozialisten ebenfalls unterdrückt werden blendet er aus.

"Also im Klartext ist unsere Haltung mittlerweile so: Demokratie nicht für alle im Nahen Osten, sondern nur dort, wo wir sicher sein können, dass sie nicht Islamisten an die Macht bringt."

Mittlerweile? Das ist ein Prozess der sich schon über Jahrzehnte erstreckt.

Es geht auch gar nicht wirklich darum Islamisten zu hindern an die Macht zu kommen. Es geht darum diejenigen daran zu hindern an die Macht zu kommen, die dem Westen kritisch gegenüberstehen.
Vorher waren es die Nasseristen, pan-arabische Nationalisten und davor waren es die arabischen Kommunisten und vor denen waren es antikoloniale Kräfte.
Gegen alle gingen westliche Staaten vor. Mal engagierter, mal weniger konsequent.

Mit Islamisten kam der Westen dagegen immer gut klar, so lange diese sich ihm nicht in den Weg gestellt haben. Vom Hause Saud bis zu den frühen Zeiten der Taliban.
Deshalb haben die Leute, die auch heute keine arabische Selbstbestimmung wollen damals applaudiert als die arabische, säkulare Opposition zermalmt wurde von den islamistischen Bluthunden die Sadat und das Hause Saud von der Leine gelassen haben.

Wenn Lau also schreibt „Warum Ägypten besser keine Demokratie werden sollte“, dann sollte er ehrlich genug sein und schreiben: „Warum Ägypten für den weißen Mann besser keine Demokratie werden sollte“.
Denn dass Ägypten und andere arabische Staaten nicht zu Demokratien werden liegt in erster Linie im westlichen Interesse und im Interesse der verbündeten, arabischen Despoten und Marionetten.
Ob die jetzt Mubarak, Abbas, Saud oder Saleh heißen.

Menschliches Leben erfährt somit eine Hierarchisierung. Erste Priorität ist ein Westen, der im Nahen Osten ungestört seine Interessen durchsetzen kann. Dazu gehört ein stabiles und sicheres Israel, das sorgenfrei Bomben werfen kann, weil die arabischen Staaten durch die Bank stillhalten. Erst irgendwo ganz hinten in der Prioritätenliste steht dann schließlich die Sicherheit und das Selbstbestimmungsrecht der arabischen Bevölkerungen.

Um seine Sicht zu veranschaulichen zitiert Lau zu allem Überfluss Leon Wieseltier.
"The effects of a Muslim Brotherhood regime upon Egypt’s relations with Israel, and therefore upon the stability of the entire region, may also be devastating."

Darum geht es also.
Die Stabilität im Nahen Osten, und damit ist in erster Linie Israel gemeint, ist also nur gesichert, wenn die Araber "unter der Knute gehalten werden". Sie sollen nicht wählen oder sich frei entscheiden wo ihre Prioritäten liegen. Denn das würde möglicherweise den weißen Mann gefährden und das kann Jörg Lau und dem Israelfanatiker Wieseltier nicht gefallen.

Das Demokratieverständnis von Lau und Wieseltier ist dabei kein Funken besser als das von Islamisten. Beide wollen nur so viel Demokratie, wie sie ihnen nutzt. Wenn ihre Interessen aber bedroht sind, dann soll bitte Schluss damit sein.

Die Despoten sitzen eben nicht nur in den ägyptischen, iranischen oder saudischen Regierungen, sondern manchmal auch in den Büros der Zeit.

Freitag, 10. Dezember 2010

Nahost-Experte Wallraff über "Islam, Linke und Moral"

Günter Wallraff lässt uns in der Welt an seinem Expertenwissen über Islam, Iran, Linke und Moral teilhaben. Seine Qualifikation? Er hat einen türkischen Freund.
"Wenn dieser Ahmadinedschad, der an die Rückkehr des Mahdis glaubt und sich am Ende selbst als Vollstrecker sieht – wenn der im Besitz der Atombombe ist, und er steht ja kurz davor, dann ist mit allem zu rechnen."

Der Glaube an die Rückkehr des Mahdi unterscheidet sich prinzipiell nicht von allen anderen Messiaserwartungen.
Auch Christen nehmen für gewöhnlich an, dass Jesus Christus wiederkehrt. Kein Grund panisch zu werden.

Auf welche Informationen Wallraff sich bei der Aussage stützt, der Iran sei kurz davor (seit wie viel Jahren ist er denn eigentlich schon kurz davor?) die Atombombe zu bekommen, ist auch eine interessante Frage. Wo der Iran doch momentan genug Probleme hat den Atomreaktor in Bushehr am Laufen zu halten.
Und auch wenn die Rhetorik von Ahmedinejad, zurückhaltend ausgedrückt etwas wirr und abgehoben wirkt, hat die iranische Führung durchaus ganz weltliche Interessen und muss als rationaler Player angesehen werden.
Alles andere Gerede vom irrationalen, religiös-wahnsinnigen Selbstmordbomberpräsidenten der nur darauf wartet den Jüngsten Tag einleiten zu dürfen ist blödsinnige Panikmache.

Vielleicht tut Wallraff uns allen einen gefallen, wenn er weiterhin dabei bleibt sich schwarz anzumalen, bunte Hemdchen anzuziehen und den Klischeeausländer zu spielen. Seine Rolle als Experte für den Islamismus spielt er jedenfalls noch schlechter.

Dienstag, 7. Dezember 2010

Braunes Häufchen aus Europa zu Besuch in Israel

Rechtsgerichtete europäische Abgeordnete aus Österreich, Deutschland, Italien, Schweiz und anderen Ländern haben am Montag israelische Siedlungen in Samaria besucht, um die Aktivitäten der israelischen Rechten kennen zu lernen.

"Die Abgeordneten bekämpfen den radikalen Islam und die Ausbreitung der islamitischen Terrorgruppen. Sie stehen voll auf Seiten Israels", erklärte der israelische Gastgeber, Gerschon Mesika, von der Siedlervereinigung in Samaria.

Interessant ist das Ganze auch deshalb, weil sich unter anderem Ösinazi Heinz Strache unter dem braunen Besucherhäufchen befunden hat. Strache ist für seine Kontakte zu rechtsextremen Kreisen bekannt, in denen er auch schonmal bei kameradschaftlichen Wehrsportübungen gefilmt wird.

Mit dabei war außerdem Ex-CDUler René Stadtkewitz, der zusammen mit dem PI-News Autor Marc Doll die neurechte Partei "Die Freiheit" gegründet hat.
Doll ist wiederum ebenfalls bekannt für seine Sympathien gegenüber extrem-rechten Burschenschaften.


Noch eine kleine Anmerkung, da in dem Bericht peinlichst genau darauf geachtet wurde bei der Nennung der Zeitung Haaretz zu erwähnen, dass sie linksgerichtet sei:
Wenn Haaretz links ist, dann erhält Husni Mubarak im nächsten Jahr den Ibn Rushd Preis für seinen engagierten Einsatz zur Demokratisierung Ägyptens.

Diplomatic Bazaar

"Stopping Iran from getting the bomb may require embracing a Middle East tradition: haggling over the price.

You can't start with the solution, Iranian officials counter. You've got to think of yourself in a sort of diplomatic bazaar."

Nahost-Experten... ausgebildet mit dem Lehrwerk Tausendundeinenacht.

Sonntag, 5. Dezember 2010

Ulfkotte: "Auffälliges Verhalten" bei Muslimen genetisch begründet

Was kommt dabei heraus wenn zwei intellektuelle Tiefflieger wie Eva Herman und Udo Ulfkotte aufeinandertreffen und gemütlich vor den Kameras des Kopp Verlags klönen, der sich vor allem mit esoterischer Schundliteratur einen Namen gemacht hat?

Naja, das hier jedenfalls:
"In Berlin wird etwa jede zweite türkisch-stämmige Ehe als Verwandtenheirat geschlossen. Nicht anders sieht es aus in Duisburg. Duisburg-Marxloh, in vielen Ballungsgebieten, durchschnittlich in Deutschland unter den Türken etwa jede vierte Ehe, die als Verwandtenheirat geschlossen wird, mit unglaublichen, schlimmen Folgen von Krankheiten, psychosomatischen Störungen, Schizophrenie, Missbildungen bei den Kindern und eben Dinge wo wir in den Schulen beim Verhalten, beim auffälligen Verhalten sagen: Ja, das hängt zusammen mit der schlimmen sozialen Lage.
Nein, das hängt eben auch sehr häufig mit den Folgen von Verwandtenheiraten zusammen."

"Auffällige" muslimische Schüler? Genetisch minderwertig. An der sozialen Lage liegt es jedenfalls nicht.


Sarrazin hat die Tore des Rassismus und der Eugenik geöffnet und nun strömen sie hinein, die Islamkritiker, Kreuzritter und Verteidiger der westlichen Werte. Danke Thilo!

Gefunden über den Politblogger.

Der Iran und der Terror im Irak

Über die anhaltenden Terroranschläge im Irak wird nicht mehr ernsthaft berichtet. Die USA haben ihren Einsatz abgeschlossen und das Land offiziell befriedet.

Als neuer Unruhestifter dort unten gilt heute wieder der Iran.
Dem wird häufig vorgeworfen (und ganz gewiss nicht zu Unrecht), er unterstütze schiitische Paramilitärs im Irak mit Waffen, Logistik und all den anderen Dingen die sich eine aufstrebende Miliz so wünschen kann.

Kurz: Der Iran verbreitet Terror im Irak.

Weniger bekannt ist aber, dass bei den vielen Terroranschlägen im Irak vor allem auch iranische Staatsbürger oder irakische Schiiten zu den Opfern zählen.
Viele der schiitischen Iraner pilgern nämlich zu den heiligen Stätten im Irak und werden dort zur Zielscheibe anti-iranischer und anti-schiitischer Extremisten.

Natürlich hat der Iran ein ernsthaftes und berechtigtes Interesse daran seine Bürger zu schützen, die in manchen irakischen Gebieten praktisch zu Freiwild erklärt werden.
Dass dann Geld an schiitische Milizen fließt ist in dieser Hinsicht nachvollziehbar.

Es ist also alles mal wieder wesentlich komplizierter, als es auf den ersten Blick scheint.

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Unsere christlich-jüdische Kultur

Eine Studie gibt Grund zur Sorge: Die Deutschen haben mehr Vorbehalte gegenüber fremden Religionen als ihre europäischen Nachbarn.
Besorgniserregend aber ist vor allem, dass offensichtlich rund ein Drittel der Deutschen eine negative Haltung gegenüber Juden hat.

Ja, ja, unsere christlich-jüdische Kultur...

Aber man hat ja schon eine beruhigende Antwort für dieses Phänomen gefunden. Der Antisemitismus in Deutschland konzentriere sich nämlich vor allem auf die hier lebenden Muslime. Die anderen Deutschen betrifft das nicht.

Interessant ist auch, dass es für die Welt "besorgniserregen" und "erschreckend" ist, wenn ein Drittel der Deutschen eine negative Haltung gegenüber Juden hat, sie es aber "nachvollziehbar" findet, wenn mehr als die Hälfte der Deutschen Vorbehalte gegenüber Muslimen haben.

Wie lange dauert es dann, bis man den Mord an einem Muslim auch für "nachvollziehbar" hält?

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Gute und schlechte Wahlmanipulation

Man vergleiche einmal die Berichterstattung zu den manipulierten Wahlen im Iran 2009 mit der Berichterstattung zu den manipulierten Wahlen in Ägypten diese Woche.

Trotz gewaltsamer Ausschreitungen und Krawallen im Land am Nil ist es verdächtig ruhig um die ägyptischen Wahlmanipulationen im Blätterwald der deutschen Medien.
Interessieren sich eigentlich noch Medienschaffende außer Journalist und taz-Blogger al-Gawhary für die Geschehnisse in Ägypten?

Es kommt eben immer darauf an wer Wahlen manipuliert und ob diese Person "unser" Freund ist.
Oder anders: Wenn Ahmadinejad Wahlen fälscht ist das furchtbar böse und auch den hunderstens Zeitungsartikel wert, aber wenn Mubarak die Wahlen manipuliert, dann ist das gut oder mindestens vollkommen egal.

Alan Posener und die Ewigkeit des Islams

Islam-These macht Kristina Schröder zu Sarah Palin

Verlinkt ist der Artikel Alan Poseners über die "krude" Aussage der Familienministerin Schröder, der Islam sei das, was die Muslime daraus machen.
Posener jedenfalls ist sich sicher, dies sei kruder Unsinn und auch die These, es gäbe keinen "Einheitsislam" scheint ihm bitter aufzustoßen.

Doch wie "krude" sind eigentlich diese Aussagen?

Religionsgeschichtlich gesehen haben sich alle uns bekannten Religionen verändert. Hier wage ich tatsächlich eine solch verallgemeinernde Aussage. Der eine Glaube veränderte sich mehr, der andere weniger. Selbst Dogmen kamen hinzu, verschwanden mit der Zeit und kehrten manchmal wieder zurück. Und dabei handelte es sich nicht nur um unbedeutende Kleinigkeiten, sondern wie im Falle des Islams sogar um die Frage nach der Erschaffenheit des Korans, ob dieser denn ewig gültig sein könne, ob der Mensch über einen freien Willen verfüge, ja selbst um die Frage ob der Glaube allein ausreiche um das Seelenheil zu erlangen. Also durchaus zentrale Punkte einer Religion.

Dieses Phänomen lässt sich in kleinerem Rahmen sogar beobachten. Wenn in meinem Bekanntenkreis Muslime aus unterschiedlichen Regionen der Erde aufeinandertreffen entbrennen öfters Diskussionen über verschiedene Glaubensinhalte, zum Beispiel was denn nach dem Tod geschehe, oder auch nur, wann denn das nächste Fastenbrechen beginne. Denn irgendwie hat jeder etwas ganz anderes erzählt bekommen oder gelesen, was den wahren Glauben denn ausmache.

Selbstverständlich gibt es also keinen Einheitsislam.

Alles andere tendiert in eine essentialisierende Richtung, bei der man einen ewig gültigen Kern annehmen müsste, der allein den "wahren Islam" ausmache.
Ein bei diversen Islamkritikern beliebtes Instrument um zu zeigen, dass der Kern des Islams zum Beispiel die Gewalt sei, der wahre Muslim also nicht anders könne, als gewalttätig zu sein.
Benimmt sich ein Muslim nicht gewalttätig, sondern ganz im Gegenteil sogar friedlich, könne dies nach dieser Logik nur an zwei Dingen liegen: Entweder der angebliche Muslim ist gar keiner oder er spiele allen nur etwas vor, um im richtigen Augenblick sein wahres, muslimisches Ich zu zeigen. Letzteres verstehen diese Menschen unter "Taqiyya".

Essentialisierende Islambilder finden sich dabei übrigens in den meisten Fällen bei den Fundamentalisten auf beiden Seiten. Für manche muslimische Fundamentalisten kann eine muslimische Frau ohne Kopftuch keine Muslima sein, für den islamfeindlichen Fundamentalisten ebenso wenig. Schließlich stehe es ja im Koran! (Überflüssig zu erwähnen, dass dies durchaus umstritten ist und ich persönlich ganz klar zum Nein tendiere)

Posener ist also der Meinung, dass es bestimmte Richtlinien gibt, an denen man einen Muslim erkennt. Nur welche sollen dies sein? Und noch viel wichtiger, wer legt diese fest?
Letztlich bleiben natürlich Punkte wie der Glaube an den einen Gott und an die Prophetie aber das ist schon so ein kleiner gemeinsamer Nenner, dass dort womöglich auch andere Religionen mit reinrutschen würden.

Man kann sagen was man will. Die Aussage Schröders geht zwar etwas weit ist aber lange nicht so "krude" und unsinnig, wie Posener dies dem Leser weiß machen will.
Denn letzten Endes liegt es wirklich an den Muslimen selbst, was denn der Islam eigentlich ist und ganz gewiss nicht an Alan Posener.

Obamas Kriege - Jemen

The U.S. media paid scant attention in June when Amnesty International released a report charging that U.S. cruise missiles carrying cluster bombs had struck the village of al Majalah in southern Yemen on Dec. 17, 2009, killing 41 civilians, including 14 women and 21 children.

Die Wikileaks Dokumente bestätigen die Vermutungen, dass die US-Regierung in Angriffe auf angebliche Al-Qaida Ziele im Jemen beteiligt ist.
Dahingehende Äußerungen wurden jedoch stets vehement bestritten.
Nach der Veröffentlichung von Aussagen des jemenitischen Präsidenten Abdallah Saleh allerdings, verdichten sich die Indizien, dass die Angriffe nicht von Seiten der jemenitischen Regierung aus erfolgten, sondern von Seiten der US-amerikanischen.
So versprach Abdallah Saleh, er werde auch weiterhin behaupten die Bomben wären von ihm und nicht den Amerikanern geworfen worden.

Wie zitiert starben bei einem solchen Angriff im Dezember 2009 41 Zivilisten, darunter 14 Frauen und 21 Kinder.

Wie dem auch sei, man sollte dabei eines stets im Hinterkopf behalten: Dieser Krieg ist kein Erbstück aus der Bush Ära, sondern ein Obama Krieg. Und da kann dieser Mensch noch so viele Friedensnobelpreise bekommen, die unzähligen toten Zivilisten in Afghanistan, Pakistan, Jemen und Irak macht das nicht wieder lebendig.

Montag, 29. November 2010

Wikileaks: Kein Schaden für Israel

Israel hat durch die Veröffentlichung bei Wikileaks keinerlei Schaden erlitten. Diese Ansicht äußerte Premierminister Benjamin Netanjahu am Montag vor Journalisten in Tel Aviv.

Und damit hat er nicht unrecht.
Die Dokumente enthalten überraschenderweise absolut nichts relevantes in Bezug auf die israelische Politik.

Ein Grund für wilde Verschwörungstheorien sollte dies aber gewiss nicht sein.

Stattdessen lässt man sich besser ägyptisch-israelische Liebkosungen auf der Zunge zergehen:
In einer Depesche geht es um ein Treffen des israelischen Regierungschefs mit dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak. Darin wird Netanjahu als "charmant und intelligent" beschrieben, doch halte er seine Versprechen niemals ein. Mubarak beteuerte infolge der Enthüllung, er habe diese Einschätzung auch direkt gegenüber Netanjahu geäußert. Dessen Reaktion zitiert die Nachrichtenagentur dpa: "Ich werde Ihnen als charmanter und intelligenter Mensch antworten. Mubarak ist einer der wichtigsten Führer in der Region und unser Partner in den Friedensbemühungen."

Sind sie nicht süß die beiden?

Ein paar Gedanken zu Al-Qaida, den Houthis, Saudi-Arabien und Iran

Im Jemen kommt es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen den so genannten Houthi-Rebellen und Regierungstruppen. Dieser Konflikt weitete sich in den vergangenen Jahren zu einem regelrechten Bürgerkrieg aus.
Die Houthis, ein marginalisierter, zaiditischer Stamm, sehen sich von der Regierung benachteiligt und fordern deshalb mehr Rechte, was auch immer das konkret heißen möge.

Die (fünfer-)schiitischen Houthis werden angeblich von den (zwölfer-)schiitischen Iranern unterstützt. Religiös haben sie zwar meiner Meinung nach wenig gemeinsam, dennoch werden sie nach Angaben der Achse Yemenitische Regierung – Saudi-Arabien - USA vom Iran mit Waffen unterstützt.

Deshalb blickt das benachbarte Königreich Saudi-Arabien mit Sorge auf den Houthi-Stamm im Jemen. Für Saudi-Arabien ist der Iran eine Art Erzfeind, ein großer, regionaler Konkurrent und da verwundert es nicht, dass König Abdallah laut den Wikileaks Dokumenten Druck auf die USA ausgeübt habe den Iran zu attackieren. Auch wenn es natürlich offiziell immer hieß, dass man keine militärischen Operationen gegen den Iran unterstütze.

Vor fünf Tagen kam es zu einen Anschlag auf eine Wagenkolonne der Houthis für den jetzt der jemenitische Al-Qaida Ableger die Verantwortung übernahm.
Wenn man nun bedenkt, dass aus den Wikileaks Dokumenten zudem hervorgeht, dass die Hauptfinanziers Al-Qaidas in Saudi-Arabien sitzen, schließt sich der Kreis.

Das saudische Königreich hat in dieser Hinsicht also ein direktes Interesse an einer starken Al-Qaida im Jemen, die dort die „schiitischen Rebellen“ in Schach halten könnte.
Man könnte sich dann zudem fragen, warum die Saudis etwas dürfen, was für Afghanistan einen Krieg bedeutete.


Aber natürlich ist all das pure Spekulation...

(...bis zu den nächsten Dokumenten die geleakt werden?)

Sonntag, 28. November 2010

Wikileaks: Der große Wurf?

Ich glaube, dass die momentan öffentlich gemacht werdenden Wikileaks Dokumente diesmal wirklich einige interessante Details enthalten könnten. Vielleicht sogar noch viel mehr als das.

Viele Vermutungen über die Verbindungen zwischen USA-14.März-Saudi-Arabien-Israel-Ägypten scheinen sich nun zu bestätigen.

Noch etwas spricht dafür, dass die Dokumente Brisantes enthalten.
Arabische Nachrichtenseiten hatten die Veröffentlichung angekündigt, doch nun herrscht eine merkwürdige Stille um die Dokumente. Auf die Schnelle habe ich nur bei al-Jazeera einen längeren Bericht gefunden. Inhaltliche Informationen sind jedoch rar.

Eines lässt sich aber bereits jetzt sagen: Das Szenario vom von Feinden umgebenen Israel scheint nun offiziell mehr und mehr auseinanderzubrechen.

Es ärgert mich, dass ich in den nächsten Tagen kaum Zeit finden werde die Dokumente genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich bin mir sicher, dass da wirklich einige unheimlich Interessante Details herauskommen werden.

Auf dem Blog von As'ad Abu Khalil - dem Angry Arab - gibt es heute eine Flut neuer Blogeinträge. Jeder der sich für die Inhalte der Dokumente, vor allem diese, die sich mit dem Nahen Osten beschäftigen, sollten dort vorbeischauen.

Prinzessin Koks und andere saudische Peinlichkeiten

Im Appartment einer saudischen Prinzessin hat die Polizei 110 Kilo Kokain sichergestellt. Die Drogen haben einen Schwarzmarktwert von sieben Millionen Euro.

Das saudische Königshaus erspart der Welt wirklich keine einzige Peinlichkeit.

Doch neben Drogenexporten und der Verbreitung anderer Gifte (religiöser Fundamentalismus) gibt es auch gute Nachrichten aus Saudi-Arabien zu vermelden: Prinz Nayif Abd al-Aziz hat bestätigt, dass König Abdallah bin Abd al-Aziz nach seiner Operation bereits die ersten, vorsichtigen Schrittchen vor dem Krankenhaus tun konnte.
Die Welt atmet auf und unbestätigten Berichten zufolge haben sich Obama und der saudische König schon gegenseitig Genesungskärtchen schicken können.

Rassismus - und keine Seite bleibt verschont

"Sitzen für Hunde, Schweine und Araber verboten"
Eigentlich sollte man sich über den Artikel bei SPON freuen, in dem über den Rassismus gegenüber Arabern in Israel berichtet wird.
Zwar wird dieser Rassismus als relativ neues Phänomen, resultierend aus der aktuellen Politik der „nationalistischen Regierung“ dargestellt, obwohl sich doch bereits in den frühesten zionistischen Dokumenten klar anti-arabische Tendenzen finden, alles in allem aber sticht der Artikel positiv heraus.

Konkret berichtet wird vom Engagement des Holocaustüberlebenden Eli Zvieli der sich entschieden gegen den Rassismus vieler Einwohner der israelischen Stadt Safed stellt.
Die meisten Araber die einmal nach Israel gereist sind wissen was Rassismus in diesem Land bedeutet, den man oft bereits am Ankunftsflughafen oder dem Grenzübergang zu spüren bekommt.

Eigentlich also, sollte man sich über einen solchen Artikel freuen, wäre da nicht der Kommentarbereich, in dem der Leser direkt mit den Resultaten solcher Berichte konfrontiert wird.


Die Juden als neue Nazis


Ein Forenbeitrag nach dem anderen funktioniert nach dem Muster: früher warn's die Deutschen, heute ist's der Jude.
In diesem Punkt sind sich viele Forenschreiber einig. Ausgerechnet diejenigen, die unter den Nazis so unvorstellbar gelitten haben, würden sich nun gegenüber den Arabern ähnlich verhalten.
So beruhigt man sein deutsches Gewissen: Die Juden sind eben auch nicht besser!

In diesem Sinne schreibt eine der intellektuellen Bereicherungen des SPON-Forums, dass Juden gerade nach dem was ihnen im Dritten Reich widerfahren sei eine besondere Verantwortung hätten, dass so etwas nicht noch einmal geschehe. Nach dem Grauen des Holocausts haben Juden demnach absolut kein Recht mehr auf Rassismus! Haben sie denn gar nichts aus dem Holocaust gelernt?
Und der Autor dieses Unsinnes pikiert sich auch noch ernsthaft darüber, dass diese Aussage in einem anderen Forum zensiert worden sei. Zensur, so weit sei es also schon!


Selbst schuld, der Araber!

Doch auch "die andere Seite" benimmt sich nicht weniger daneben. Deutsche die auf Rassismus in Israel hinweisen sind laut diesen Menschen Antisemiten. Und überhaupt! Araber könnten froh sein, dass es ihnen in Israel so gut gehe.

Ein besonders widerlicher Kommentator fordert gar man solle den Holocaustüberlebenden Eli Zvieli zum "Ehrenarier" ernennen, so wie er sich durch seine Antirassismusarbeit zum Werkzeug der Antisemiten mache.
Nicht nur stellt dieser Forenschreiber Zvieli in eine Reihe mit seinen nationalsozialistischen Peinigern, der Kampf gegen Rassismus wird in diesem Zusammenhang sogar als etwas „arisches“ dargstellt.
Wer Araber vor Rassismus in Schutz nimmt, ist also selbst ein Nazi, vor allem wenn er Jude ist, da er damit ja indirekt den Rassenwahn der Nazis mit dem Rassismus von Israelis gleichsetze. Keine Argumentation scheint zu wirr um den Rassismus in Israel zu rechtfertigen.

Einem weiteren Internetrowdy zufolge liege die Schuld für den Rassismus beim Araber selbst. Israel, Deutschland und der Rest der westlichen Welt würden vor den gleichen Problemen mit Unruhe stiftenden Arabern stehen.
Der Kampf gegen klein- oder größer kriminelle Libanesen oder Marokkaner in Berlin finde somit nicht nur dort, sondern auch in der israelischen Stadt Safed statt. Der Araber als ultimativer Feind an allen Fronten der zivilisierten Welt. Und Israel führe als eines der wenigen Länder diesen dringend nötigen Kampf.
So wie für den Antisemiten eben auch die Juden selbst schuld sind am Antisemitismus, ist für den Araberfeind der Rassismus gegenüber Arabern gerechtfertigt, da diese ja selbst für ihn verantwortlich seien.

Beide Seiten schenken sich also nichts. Während die einen Antisemitismus schreien, wenn man auf Rassismus in Israel gegenüber Arabern hinweist, ist für die anderen klar, dass die Israelis die neuen Nazis sind, die sich kaum anders verhalten als die Schergen des Dritten Reichs.


Sollte man solche Artikel also vermeiden, wie von einigen Kommentatoren gefordert wird?
Natürlich nicht! Jeder Artikel der in diese Richtung geht ist wichtig. Rassismus, egal in welchem Winkel der Erde muss angesprochen werden. Auch, und manchmal gerade wenn es Gegenwind gibt.

Mit der selben Argumentation könnte man sonst auch ein Verbot von Berichten über Ehrenmorde, Zwangsverheiratungen oder Antisemitismus in der islamischen Welt verbieten da diese eben auch als gefundenes Fressen für die Rassisten auf der anderen Seite dienen und sich Rassisten von Sarrazin bis Wilders dadurch bestätigt fühlen.

Freitag, 26. November 2010

Tote und Verletzte wegen fehlenden Baugenehmigungen

Während die Medien besorgt auf die bei einem Basketballspiel zugezogene Lippenverletzung des US-Präsidenten schauen, lässt das Mubaraksystem einen Aufstand von koptischen Christen niederschießen. Die Bilanz: zwei Tote und dutzende Verletzte. Die Kopten hatten sich darüber empört, dass die Errichtung einer Kirche in der Region Giza gestoppt wurde, da es angeblich an einer Genehmigung für den Bau fehle.

Der benachbarte und verbündete Unterdrückerstaat hat derweil über zehn Häuser in der Westbank platt gewalzt für die es angeblich ebenfalls keine Baugenehmigung gegeben habe.
Die von hunderten Soldaten mit schwerem Einsatzgerät durchgeführte Maßnahme war so gründlich, dass nun weit über hundert Menschen obdachlos geworden sind.
Die Abrisstruppe kam überraschend zum Morgengebet was dazu führte, dass ein Teil des Viehs nicht mehr vor der Zerstörung aus den Gehegen geholt werden konnte.

Über beide Ereignisse aber wird vorsichtshalber geschwiegen. Zu stark will man Husni Mubarak vor den Wahlen am Sonntag nicht in die Enge treiben und Abrisse palästinensischer Häuser interessieren auch nur, wenn sich ein israelischer Soldat dabei ein Knie aufschürft.

Konkrete Schizophrenie

Im Vorwort der neuen Ausgabe „Konkret“ wird Moshe Zuckermann noch verunglimpft indem man ihm vorwirft mit seiner neuen Veröffentlichung „Antisemit! Ein Vorwurf als Herrschaftsinstrument“ den Antisemiten die Arbeit abzunehmen (die Schuld am Antisemitismus liegt also wieder beim Juden selbst) um knappe 13 Seiten später dann eben dieses Werk zu bewerben.
In der Ausgabe des vergangenen Monats übrigens auch schon.

Kopftuch ohne Terror

Damit hätte ich heute wirklich nicht gerechnet!
Das Bild einer Frau mit Kopftuch in einem Artikel der rein gar nichts mit Terror, Islamismus, Ehrenmord oder Brustkrebs zu tun hat. Und das bei Spiegel-online...

Kaum Opfer im Nahost-Konflikt?

Es ist ein wiederkehrendes Phänomen in der Berichterstattung über den Nahost-Konflikt, dass der Tod von Palästinensern weniger beachtenswert erscheint, als der Tod von Israelis.
Der Tod eines Israelis landet auf den Titelseiten westlicher Zeitungen, wohingegen ein ermordeter Palästinenser nur manchen arabischen Medien einen Bericht wert ist.

Diese Tatsache, die selbstverständlich entschieden abgestritten wird, beweist sich selbst in den Aussagen von Journalisten wie Ethan Bronner wenn er in der New York Times sagt, es sei bemerkenswert, dass es in den letzten Jahren kaum tödliche Gewalt im palästinensisch-israelischen Konflikt gegeben habe.

Aus welchen Gründen "vergessen" solche Menschen (die sich als glühende Anhänger Israels verstehen) die 1400 Toten Palästinenser des Gaza-Krieges im Winter 2008/2009? Oder die dutzenden Toten die es in den letzten Jahren in der Westbank gab?

Ein wiederkehrendes Phänomen; auch bei dem tödlichen Anschlag der Hamas auf mehrere Siedler im September in der Westbank hieß es in einigen Zeitungen, dass der Anschlag das Ende einer langen unblutigen Phase des Konflikts markiere.
Unblutig? Nur wenn man "israelisches Blut" zählt und einen die palästinensischen Opfer nicht interessieren.

Zwar hat die New York Times nach dem Hinweis eines Leserbriefschreibers reagiert und mitgeteilt, dass in der Aussage Bronners nur Israel und die Westbank gemeint waren und nicht der Gaza-Streifen, doch auch dann bleibt ein solcher Satz zynisch angesichts der vielen Toten, die es eben auch in der Westbank gab. Ganz abgesehen davon, dass der Satz Bronners unmissverständlicher nicht hätte formuliert werden können und die Rechtfertigung der Zeitung äußerst unglaubwürdig erscheint.


Abermals stellt sich die rhetorische Frage: Wie würde heute die Landkarte des Nahen Ostens aussehen wenn der Leichengeruch hunderter toter Zivilisten, welcher Wochen lang über Nabatäa, Beirut oder Gaza schwebte nicht dort, sondern über Tel Aviv oder Sderot den Bewohnern und Helfern das Atmen schwer gemacht hätte?

Wie würde der Nahe Osten heute aussehen, Herr Bronner?

Mittwoch, 24. November 2010

Von Klischees, Zugvögeln und Golanhöhen

Wie schön sie doch sind; die Golanhöhen.
Und wie jedes Thema welches irgendwie mit dem Nahen Osten zu tun hat, eignen sich eben auch die Golanhöhen um die gängigen Klischees über den Orient zu verfestigen.
So zumindest im Artikel "Vögel kennen keine Grenzen", welcher im Tagesspiegel und in der Zeit erschienen ist.

Dass Syrer und Israelis eines Tages Frieden schließen, ist Nadines Hoffnung – und ihre Angst: In einem groß angelegten Friedensvertrag könnte Israel den Golan wieder an Syrien abtreten. Dass Nadine zur Managerin geworden ist und ihre Haare nicht bedeckt, all das wäre in Syrien für eine Frau schwierig.

Es darf bezweifelt werden, dass Orientexperte Elsemüller schon einmal außerhalb des kleinen, westlichen Brückenkopfes Israel im Nahen Osten unterwegs war. Sonst jedenfalls würde er nicht solche Halbwahrheiten verbreiten.
Natürlich sieht man in Syrien sehr viele Frauen ohne Kopftuch.
Als ich vor einigen Monaten in einem Hotel in Syrien übernachtete, da war die Besitzerin eben auch eine Frau. Ohne Kopftuch.
Das hier übrigens ist die syrische First-Lady.


Natürlich kann man anmerken, dass eine First Lady nicht den selben Restriktionen unterliegt, wie der Rest der Bevölkerung, jedoch ist das Kopftuch in Syrien keineswegs so weit verbreitet wie beispielsweise in dem mit Israel kollaborierenden Staat Ägypten oder gar im politisch nicht weniger verbündeten Saudi-Arabien.
Wer einmal durch Syrien gereist ist wird das relativ rasch festgestellt haben.


Dieser Zwiespalt zwischen den Vorteilen eines Lebens nach westlichem Vorbild in Israel und der eigenen arabischen Identität macht nicht nur Nadine Safadi, sondern vielen Arabern auf dem Golan zu schaffen. Die Jugend von Majdal Shams hat sich an ein freies Leben gewöhnt und daran, dass Frauen und Männer gleichberechtigt leben.

Seltsam, dass sie dennoch alle die syrische Fahne hissen und zwar in "jeder Straße" und "jeder Gasse".

Und die Protagonistin von Elsemüllers Geschichte will ja auch nur deswegen den israelischen Pass nicht, weil sie bei einer Rückgabe der Golanhöhen (ein naiver Mythos) möglicherweise als Verräterin verfolgt werden könnte.
Ein Szenario welches zwar schon vor dem Rückzug der israelischen Streitkräfte aus dem Südlibanon 2000 nur zu gerne gemalt wurde, welches dann aber doch nicht eintrat.
Der Teil der SLA-Kollaborateure, die nicht flüchteten und deren geringste Verbrechen wohl Folter und das Terrorisieren der Bevölkerung darstellten, bekam Gerichtsverfahren und wanderte für relativ kurze Zeit ins Gefängnis. Die meisten aber blieben so gut wie unbehelligt.

Dass Araber in Israel sich nicht mit dem Staat identifizieren liegt für Elsemüller und Co eben an den arabischen Staaten oder Arabern selbst.
Dass manche von ihnen einen israelischen Pass ablehnen hat demnach nichts mit der Politik Israels zu tun, die den Arabern eine Identifikation äußerst schwer macht, und das nicht nur durch den geplanten Loyalitätsschwur an die jüdische Identität des Staates.
Das Problem sind die Araber.
Dabei geht es ihnen doch so gut in Israel!


Aus dem Westen nichts Neues. Die gänigen Vorurteile über den Orient haben wir bestätigt. Die Araber lieben ihre Freiheiten in Israel (genau wie eine halbe Milliarde Zugvögel). Freiheiten, die sie in ihren arabischen (immer pejorativ!) Despotien natürlich nicht genießen.

Dass sie dann dennoch am liebsten Syrer oder Palästinenser bleiben und keineswegs die israelische Flagge hissen ist dann nur ein weiterer Beweis für die orientalische Irrationalität und Zerrissenheit.

Er ist schon schwer zu verstehen der Araber.

Sonntag, 21. November 2010

Marokko: Tod des Oppositionellen Abraham Sarfati


Rabat: Insiderquellen in Rabat gaben am Donnerstag den Tod von Abraham Sarfati bekannt, einem erklärten Gegner des Systems des verstorbenen Königs von Marokko Hassan dem Zweiten.

Der Quelle zufolge starb der linke Aktivist Sarfati krankheitsbedingt am Donnerstag in einem Marakescher Krankenhaus im Alter von knapp 84 Jahren. Er litt unter Lungenproblemen und Gedächtsnisstörung.
Seine Frau Kristin Dor erklärte, dass er am Samstag auf dem jüdischen Friedhof in Casablanca neben seinen Eltern beerdigt werde.
Abraham Sarfati stammte aus einer jüdischen Familie, die nach dem Fall von Granada im Jahre 1492 aus Spanien vertrieben wurde.

Sarfati war zuerst ein Mitglied der Kommunistischen Partei Marokkos und später der marxistisch-leninistischen Partei „Ila al-Amam“ („Vorwärts“). Er verbrachte nahezu 17 Jahre in marokkanischen Gefängnissen in der Zeit von 1974 bis 1991.

Das erste Mal verhaftet wurde Sarfati im Jahre 1972, wonach er laut eigenen Angaben massiv gefoltert wurde. Nachdem er Monate lang aus dem Untergrund heraus aktiv war, wurde er 1977 schließlich zu einer lebenslangen Haftstrafe wegen Verschwörung gegen die Staatssicherheit verurteilt.

Sarfati war ein ausgesprochener Unterstützer der palästinensischen Sache und verneinte die Legitimität des zionistischen Systems.
Er war außerdem ein Unterstützer der Volksfront für die Befreiung von Saguia el Hamra und Río de Oro (Gebiete in der Westsahara).

1991 verließ er Marokko und zog für 8 Jahre nach Paris ins Exil. Der Thronfolger König Muhammad der Sechste gestattete ihm 1999 schließlich die Rückkehr nach Marokko.


Quelle:
Al-Safir

Links:
Nachruf der DFLP

Freitag, 19. November 2010

Schrecken aus dem Morgenland

Bereits in Talkrunden als Unsympath bewährt zeigt Berliner Innensenator Erhart Körting einmal mehr, dass er gegen Fremdes am liebsten mit der Staatsgewalt vorgehen möchte.

"Wenn wir in der Nachbarschaft irgendetwas wahrnehmen, dass da plötzlich drei etwas seltsam aussehende Menschen eingezogen sind, die sich nie blicken lassen oder ähnlich, und die nur Arabisch oder eine Fremdsprache sprechen, die wir nicht verstehen, dann sollte man glaube ich schon mal gucken, dass man die Behörden unterrichtet, was da los ist."


So schürt man Ressentiments.
Es sind vor allem Politiker wie Körting oder Sarrazin, die sich in ihre beschaulichen Parallelgesellschaften zwischen Sektempfang und Tennisclub abgekapselt haben und für die alles verdächtig erscheint was nicht und deutsch spricht und aussieht. Beim Rest bleibt Kopfschütteln.

Louie Gohmert und die "illegalen palästinensischen Siedlungen"

Der texanische Kongressabgeordnete Louie Gohmert hat wieder zugeschlagen. Nachdem er noch im August hysterisch vor einem "Secret Baby Jihad" warnte, widmet er sich nun dem Nahost-Konflikt.
Dass sich der Mann dabei auf die Seite Israels schlägt ist wenig überraschend.

In einer Diskussion mit dem republikanischen Parteikollegen Ted Poe über die Sicherheit an amerikanischen Grenzen, zeigte sich Gohmert bestürtzt angesichts der angeblichen Politik Obamas, "illegale palästinensische Siedlungen" in Israel zu unterstützen.

So dränge die aktuelle US-Regierung Israel "Just let Palestinians build illegal settlements and take over areas that are not theirs. Just let 'em take over."

Davon abgesehen, dass es solche Siedlungen nicht gibt würde mich noch interessieren, welche "areas that are not theirs" das eigentlich sein sollen?

Ein klassischer Gohmert eben.

Und hier gibt es die Szene bei Youtube.

Montag, 15. November 2010

Das fehlende Gegengewicht

Wenn die Kommentare unter Artikeln der Internetpräsenzen von Spiegel, Welt, Zeit, SZ und Co auch nur zu 50% die Meinung der in Deutschland lebenden Menschen widerspiegeln, dann ist Deutschland mindestens ein rechtsextremes, antisemitisches, moslemhassendes Land, in dem es wieder die Todesstrafe gibt, "Ausländer" deportiert werden, man herzhaft über die Pointen von Mario Barth lacht und die Menschen einem Diktator huldigen.

Da dem (noch?) nicht so ist lässt das nur den Schluss zu: Viel zu viele Nazis haben viel zu viel Zeit und einen Internetanschluss.

Aber mal ernsthaft. Wie kommt es, dass die Durchschnittsmeinung die im Internet mittels Foren und Kommentarfunktionen abgesondert wird so unglaublich reaktionär und menschenverachtend ist?
Dort jagt ein Nachwuchsribbentrop den anderen. Aber wo sind die Guten?

Ich hoffe, dass es denen einfach nur genau so zu blöd ist auf den Mist zu reagieren wie mir.

شو حمص؟

"Wenn die bundespolitische Stimmung nicht so schwierig wäre, dann wäre doch niemals der Humus für diesen Protest dagewesen."
Stefan Mappus (CDU) über den Widerstand gegen »Stuttgart 21«

Sonntag, 14. November 2010

Keine Besatzung hält ewig!

"Marokko will keine Zeugen für sein Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung in der besetzten Westsahara. Am Sonnabend verweigerten die Behörden des nordwestafrikanischen Landes der linken Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen die Einreise nach Al-Aaiún, der Hauptstadt des seit 1975 von Rabat besetzten Landes."


Bei Wahlen sehe ich mich regelmäßig gezwungen ungültig zu wählen. Nur im letzten Jahr ging meine Erststimme an Frau Dağdelen. Eine Entscheidung die ich nicht bereue, wie sich immer wieder an den Handlungen der engagierten Politikerin zeigt.

»Sie freuen sich über die Freilassung von Aung San Suu Kyi in Myanmar, schweigen aber zu der seit 35 Jahren andauernden völkerrechtswidrigen Besetzung der Westsahara und zu den massiven Menschenrechtsverletzungen. Das ist empörend.«

Gut gesprochen, Genossin!