Einige Aktivisten der Jugendorganisation Sharek Youth Forum (منتدى شارك الشبابي) aus Gaza haben ein so genanntes Manifest für Veränderung veröffentlicht, das ich für lesenswert halte.
Die Aktivisten sparen nicht mit Kritik an Israel aber auch an der Hamas, die vor etwa zwei Wochen rabiat gegen die Organisation vor ging.
Weitere Informationen finden sich auch im nicht weniger lesenswerten Artikel über die palästinensische Feministin Asma' al-Ghoul:
Sorry, Hamas, I'm Wearing Blue Jeans
Ich habe das englische Original des Manifests auf die Schnelle übersetzt:
Fuck Hamas. Fuck Israel. Fuck Fatah. Fuck UN. Fuck UNRWA. Fuck USA!
Wir, die Jugend in Gaza haben genug von Israel, der Hamas, der Besatzung, den Verletzungen der Menschenrechte und die Gleichgültigkeit der Internationalen Gemeinschaft!
Wir wollen schreien und diese Mauer des Schweigens, der Ungerechtigkeit und der Teilnahmslosigkeit durchbrechen wie die israelischen F16 Flugzeuge die Schallmauer; schreien – mit all der Kraft in unseren Seelen um die gewaltige Frustration herauszulassen die uns auffrisst wegen dieser beschissenen Situation in der wir leben; Wir sind wie Läuse zwischen zwei Nägeln die einen Alptraum in einem Alptraum leben, kein Platz für Hoffnung, kein Platz für Freiheit. Wir sind es Leid in diesem politischen Kampf gefangen zu sein, wir sind die kohlenschwarzen Nächte Leid in denen Flugzeuge über unseren Häusern ihre Runden ziehen, wir sind es Leid dass unschuldige Bauern in der Pufferzone erschossen werden, weil sie sich um ihr Land kümmern. Wir sind die bärtigen Typen Leid, die mit ihren Waffen herumlaufen und ihre Macht missbrauchen, die junge Leute verprügeln oder einsperren weil sie für das demonstrieren an was sie glauben. Wir sind die Mauer der Schande Leid, die uns vom Rest des Landes trennt und uns gefangen hält in einem Stückchen Land, groß wie eine Briefmarke. Wir sind es Leid als Terroristen dargestellt zu werden, als hausgemachte Fanatiker mit Sprengstoff in unseren Taschen und dem Bösen in unseren Augen. Wir sind die Teilnahmslosigkeit Leid, die wir von der internationalen Gemeinschaft erfahren, diesen so genannten Experten darin ihre Sorgen auszudrücken und Resolutionen zu entwerfen aber Feiglinge darin, die Dinge auch durchzusetzen, auf die sie sich geeinigt haben. Wir sind krank und müde weil wir ein beschissenes Leben leben, von Israel in einem Gefängnis gehalten werden, die Hamas uns verprügelt und wir komplett ignoriert werden vom Rest dieser Welt.
Es wächst eine Revolution in unserem Inneren, eine gewaltige Unzufriedenheit und Frustration die uns zerstören wird, wenn wir keinen Weg finden diese Energie zu kanalisieren damit sie den Status Quo anfechten kann und uns ein wenig Hoffnung gibt. Der letzte Tropfen der unsere Herzen unter Frustration und Hoffnungslosigkeit erbeben ließ fiel am 30. November, als Hamas Offiziere zum Sharek Jugend Forum kamen, einer führenden Jugendorganisation (www.sharek.ps), mit ihren Waffen, Lügen und Aggressionen, jeden heraus schmissen, ein paar einsperrten und die Arbeit von Sharek verboten. Ein paar Tage später wurden Demonstranten vor Sharek geschlagen und einige eingesperrt. Wir leben wirklich einen Alptraum in einem Alptraum. Es ist schwierig Worte für den Druck zu finden, der auf uns lastet. Wir überlebten knapp die Operation Gegossenes Blei, als Israel wirkungsvoll die Scheiße aus uns heraus bombardierte, tausende Wohnhäuser zerstörte und sogar noch mehr Leben und Träume. Sie wurden die Hamas nicht los, wie sie vor hatten, aber sicherlich versetzten sie uns für immer in Angst und bescherten jedem ein post-traumatisches Stresssyndrom, weil es keinen Ort gab, an den man sich flüchten konnte.
Wir sind Jugendliche mit schweren Herzen. In uns tragen wir ein Gewicht so gewaltig, dass es uns schwer fällt den Sonnenuntergang zu genießen. Wie soll man ihn genießen wenn dunkle Wolken den Horizont verhängen und düstere Erinnerungen vor unseren Augen vorbei rauschen immer wenn wir sie schließen? Wir lächeln um den Schmerz zu verbergen. Wir lachen um den Krieg zu vergessen. Wir hoffen um nicht Selbstmord zu begehen, hier und jetzt. Während des Krieges hatten wir das unmissverständliche Gefühl, dass Israel uns vom Angesicht der Erde auslöschen wollte. Während der letzten Jahre tat die Hamas alles um unsere Gedanken, Verhaltensweise und Sehnsüchte zu kontrollieren. Wir sind eine Generation junger Menschen die es gewohnt sind Raketen zu sehen, eine Generation die die scheinbar unmögliche Mission trägt ein normales und gesundes Leben zu führen und die gerade so von einer massiven Organisation toleriert wird, die sich in unserer Gesellschaft wie ein bösartiges Krebsgeschwür ausgebreitet hat, welches effektiv alle Lebenszellen, Gedanken und Träume in seinem Weg tötet und die Menschen mit seinem Terrorregime lähmt. Nicht zu vergessen das Gefängnis in dem wir leben, einem Knast welcher uns von einem so genannten demokratischen Land aufgezwungen wurde.
Geschichte wiederholt sich auf grausamste Weise und niemanden scheint es zu kümmern. Wir sind verängstigt. Hier in Gaza haben wir Angst davor eingesperrt, verhört, geschlagen, gefoltert, bombardiert, getötet zu werden. Wir haben Angst zu leben, weil jeder einzelne Schritt den wir unternehmen wohl überlegt und durchdacht sein muss, es gibt überall Begrenzungen, wir können uns nicht bewegen wie wir wollen, nicht sagen was wir wollen, tun was wir wollen und manchmal sogar nicht denken was wir wollen, weil die Besatzung unsere Hirne und Herzen so furchtbar besetzt hat, dass es schmerzt und es treibt uns dazu endlose Tränen der Frustration und der Wut zu weinen.
Wir wollen nicht hassen, wir wollen nicht all diese Gefühle fühlen, wir wollen keine Opfer mehr sein. GENUG! Genug Schmerz, genug Tränen, genug Leiden, genug Kontrolle, Begrenzungen, ungerechte Rechtfertigungen, Terror, Folter, Entschuldigungen, Bombardements, schlaflose Nächte, tote Zivilisten, schwarze Erinnerungen, düstere Zukunft, herzzereißende Gegenwart, gestörte Politik, fanatische Politiker, religiöser Bullshit, genug Einkerkerung! Wir sagen Stopp! Dies ist nicht die Zukunft die wir wollen!
Wir wollen drei Dinge. Wir wollen frei sein. Wir wollen fähig sein ein normales Leben zu führen. Wir wollen Frieden. Ist das zu viel verlangt?
Wir sind eine Friedensbewegung, die aus jungen Menschen in Gaza und Unterstützern anderswo besteht, die nicht ruhen werden bis die Wahrheit über Gaza bei jedem in der ganzen Welt in dem Maße bekannt ist, dass kein stilles Einverständnis oder laute Teilnahmslosigkeit mehr akzeptiert wird.
Dies ist das Gaza Jugend Manifest für Veränderung!
Wir werden damit beginnen die Besatzung zu zerstören, die uns selbst umgibt, wir werden uns von dieser geistigen Gefangenschaft befreien und unsere Würde und Selbstachtung wieder erlangen. Wir werden dem Widerstand mit erhobenem Haupt begegnen. Wir werden Tag und Nacht arbeiten um die miserablen Zustände zu verändern unter denen wir leben. Wir werden Träume bauen wo wir Mauern begegnen.
Wir hoffen nur, dass du – ja du, der du diese Erklärung im Moment liest! - uns unterstützen kannst. Um herauszufinden wie, schreib an unsere Wand oder kontaktiere uns direkt: freegazayouth@hotmail.com
Wir wollen frei sein, wir wollen leben, wir wollen Frieden.
FREE GAZA YOUTH
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Salam
AntwortenLöschenEin verständlicher Aufschrei der Jugend.
Danke für die Übersetzung.
Darf ich Ihre Übersetzung zum weiteren Gebrauch
in div. Blogs benutzen?
khad
Natürlich!
AntwortenLöschenWow! Danke für Beitrag und Übersetzung. Very powerful.
AntwortenLöschenAuf der Wordpress Blog der GYBO ist unter "Previous version of the manifesto:"
AntwortenLöschenzu lesen das "F... Israel" als erstes steht. Wurde das auf druck der Hamas/Fatah geändert?
http://gazaybo.wordpress.com/about/
Wenn bei der "previous version", also bei der vorherigen Version "Fuck Israel" zuerst steht, warum sollte die Hamas Druck gemacht haben, dass zuerst "Fuck Hamas" steht??
AntwortenLöschenWenn die Hamas auf die Gruppe Druck ausgeübt hätte, dann wäre das ganze Manifest niemals erschienen. Schließlich wird darin die Hamas nicht weniger heftig angegriffen als Israel.
Die Fatah würde niemals Druck auf irgendjemanden ausüben, der die Hamas angreift. Das kommt ihnen ja gerade gelegen.
Die Fatah dürfte also ganz froh darüber sein, dass die Hamas so hart angegangen wurde in dem Schrieb. Schließlich ist es ihr oberstes Anliegen, als anerkannter Vertreter der Palästinenser zu gelten.
Außerdem kam das Manifest aus Gaza. Die Fatah ist dort außerordentlich schwach.
Also hat sie weder ein Motiv, ganz im Gegenteil, noch die Mittel um Druck auszuüben.
Hallo, habe gerade den Text gelesen...
AntwortenLöschenWie kann man denn helfen, wenn man das möchte? ;-)
Man kann doch nicht einfach ne Mail schicken, was soll man denn schreiben und
was wenn das Englisch versagt?