al-Samidoun

Kommentare und Berichte zu Politik, Religion und Kultur mit Fokus auf den Nahen Osten.

Montag, 2. Mai 2011

Josef Joffe und das angebliche Schweigen auf dem Tahrir-Platz zum Palästinaproblem

Durch Mondoprintes Beitrag über die Liaison zwischen Saudi-Arabien und Israel bin ich auf einen Artikel Josef Joffes aufmerksam geworden, in dem dieser offenbar abstreitet, dass der "arabische Frühling" irgendetwas mit dem Palästina-Israel-Konflikt zu tun habe. Diese recht häufig geäußerte Ansicht dient wohl eher der Selbstversicherung. Man will sich einreden, dass die Ablehnung der israelischen Politik durch die Araber, an der Propaganda ihrer Despoten liege und Israel in keinster Weise für das eigene Image verantwortlich ist.

"Hau ab nach Tel Aviv, sie lieben dich dort sehr, oh Präsident"

Führende Persönlichkeiten der revoltierenden Jugend in Ägypten, den Shabab al-Thaura, führen nicht selten ihre Strukturen auf die Zeit der 2. Intifada zurück, als eine Welle der Solidarität mit den Palästinensern durch die arabischen Staaten ging. Zwar versuchten die Herrscher (allen voran Mubarak und die Sa'udi-Family) Sympathiebekundungen mit den Palästinensern einzugrenzen und Solidemos waren umzingelt von der bewaffneten Geheimpolizei, aber in dieser Zeit liegen Wurzeln der Strukturen, die 2011 zum Sturz Mubaraks beigetragen haben. Dazu einer der ägyptischen Aktivisten:

Those self described “ME experts” tend to neither know a word of Arabic nor visited Tahrir Square during the mass protests. The roots of this Egyptian revolt date back to September 2000, when street activism was revived again following a decade of dirty wary between the regime and the Islamist militants. There is a chain reaction linking those protests which broke out in solidarity with the Palestinian intifada to the current revolt.

Die Demokratiebewegung auf dem Midan al-Tahrir ließ keine Zweifel daran aufkommen, dass man in der Mubarak-Administration, mit dem berüchtigten Geheimdienstchef Omar Sulayman eine willige Erfüllungsgehilfin der Politik Israels und der USA sah. Parolen wie „ارحل ارحل يا عميل بعت بلادك لاسرائيل“ (Hau ab Handlanger, du hast dein Land an Israel verkauft!) waren fester Bestandteil der Proteste.

Aufruf zum Stopp der Erdgaslieferungen an Israel

Apropos Erdgasdeal. Josef Joffe hat offenbar nicht mitbekommen, dass in den letzten Wochen drei Sabotageakte mit Sprengstoff gegen die Erdgasleitungen nach Israel verübt wurden. Hätte er einmal einen Ägypter gefragt, hätte dieser ihm sicher erklärt, dass der Erdgasdeal zwischen Ägypten und Israel in der Bevölkerung höchst unbeliebt ist. Und das nicht nur, weil das Erdgas zu Dumpingpreisen an den Nachbarstaat verscherbelt wird. Auf was, wenn nicht auf diese Forderungen der Demokratiebewegung hat die neue ägyptische Regierung wohl reagiert, als sie jetzt eine Neuverhandlung der Verträge angeordnet hat?

Joffe scheint nicht mitbekommen zu haben, dass mittlerweile regelmäßig vor der israelischen Botschaft in Ägypten demonstriert wird. Etwas, was vorher unmöglich war, da der Mubarak-Geheimdienst derartige Aktionen augenblicklich unterbunden hätte. Seltsam, wo doch angeblich der Antizionismus von „Oben“ verordnet worden sei.

1. Mai auf dem Midan Tahrir - Solidarität mit den Palästinensern

Joffe und Menschen ähnlicher Ansichten müssen die Araber für vollkommen blöd halten, wenn sie behaupten, diese würden nicht durchschauen, dass ihre Despoten sehr gut mit dem israelischen Staat auskommen und jegliche gegenteilige Aussagen purer Populismus sind. So als ob die enge Kooperation zwischen den arabischen Despotien und den Regierungen der USA, Israels und anderer westlicher Staaten immer ein Geheimnis gewesen wäre.
Die arabischen Bevölkerungen sind nicht so dumm wie Josef Joffe sie einschätzt. Und wenn der ägyptische Präsident zaghaft in Richtung Israel blökt, zur selben Zeit aber Gaza abriegelt und auch in allen anderen Dingen mit der israelischen Regierung kooperiert, dann geht das an der ägyptischen Bevölkerung nicht unbemerkt vorbei.

Antizionismus ist/war gewiss nicht die Triebkraft der Proteste. Neben dem Nahost-Konflikt gibt es genügend andere Probleme, mit denen die Menschen von Tunesien bis Sanaa konfrontiert sind. Es ist jedoch eine Illusion anzunehmen, die Lage der Palästinenser und die israelische Politik würde die Araber kalt lassen, wenn ihre Despoten sie nicht aufhetzen würden. Das Gegenteil war immer der Fall. Die Diktatoren haben immer darauf geachtet, dass ihre Bevölkerungen nicht zu starke Sympathien mit den Palästinensern entwickeln. Denn dies wäre höchst Bedrohlich für die mit Israel kooperierenden Despotien.

Aber eigentlich hat Jeff Klein bei Mondoweiss schon alles gesagt. Josef Joffe, da war wohl der Wunsch Vater des Gedankens!

2 Kommentare:

  1. Das hat nichts mit dem obigen Artikel zu tun, aber ich habe keine Mailadresse gefunden.
    Deshalb stelle ich es mal hier rein.

    http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=24591

    Das passt zwar ins Bild, hat mich aber trotzdem etwas verwirrt.
    Gibt es hierzu noch andere Quellen?

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  2. Jetzt habe ich doch noch etwas gefunden:

    http://www.activistpost.com/2011/05/international-crisis-group-sweating.html?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+ActivistPost+%28Activist+Post%29

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