al-Samidoun

Kommentare und Berichte zu Politik, Religion und Kultur mit Fokus auf den Nahen Osten.

Mittwoch, 27. Juli 2011

Tandem

Alle reden davon, dass türkische Migranten kaum Deutsch sprechen. Dabei ist es gar nicht so einfach einen Türken zu finden der kein Deutsch spricht. Eigentlich wollte ich meine äußerst dürftigen Türkischkenntnisse mit einer Tandem-Partnerschaft aufpeppen.

Brandanschlag auf von Sinti und Roma bewohntes Haus

Molotowcocktail-Attacke auf ein von Sinti und Roma bewohntes Wohnhaus in Wiesdorf: Auf ein vierstöckiges Mehrfamilienhaus in der Carl-Leverkus-Straße ist am frühen Montagmorgen ein Brandanschlag mit offensichtlich fremdenfeindlichem Hintergrund verübt worden.
Die Meldung ist bereits zwei Tage alt, sollte aber nicht zwischen all den anderen Nachrichten untergehen.
Sinti und Roma gehören ebenfalls zu den Feindbildern diverser "rechtskonservativer" Agitatoren, die mit ihren Arbeiten den Terroristen von Norwegen inspiriert haben.

Montag, 25. Juli 2011

Anders B. - ein tapferer Kämpfer gegen Antisemitismus?

Der israelwahnsinnige Journalist und Araberhasser Ulrich W. Sahm hat herausgefunden, dass die Kinder des Jugendcamps, welches der - laut seinem Manifest - Israelverehrer Anders B. zum Ziel seines Anschlags machte Antisemiten waren, da sie über die Anerkennung des ""Staates Palästina"" diskutierten.
Einen Tag vor dem Massaker auf der Insel Utøya bei Oslo wurde in dem sozialistischen Jugendlager im Beisein von Norwegens Außenminister Jonas Gahr Støre eine Anerkennung des „Staates Palästina“ und ein Boykott Israels thematisiert
Ganz schön pervers was da passierte, bevor Anders B. seinen Fuß auf die Insel setzte.
Das finden auch die Kommentatoren bei PI-News.


Eine "abscheuliche Tat" findet der Kommentator "GrundGesetzWach". Na wenigstens hat es "Antisemiten" getroffen, nicht wahr?

Alle in einen Topf...

Es ist dabei nicht einmal unglaubwürdig, wenn die "islamkritische Szene" den Anschlag verurteilt und sich bestürzt zeigt. Es ist aber interessant zu beobachten, wie dieser Personenkreis zugleich der Befürchtung Ausdruck verleiht, nun werde man sicher mit Breivik in einen Topf geworfen. Es gibt eine andere Gruppe, die dieses Gefühl nur allzu gut kennt: Muslime, von denen ständig erwartet wird, dass sie sich von dschihadistischen Terroristen distanzieren, als empfänden sie natürlicherweise klammheimliche Freude an deren Taten.

Dabei wirkt die Propaganda und Ideologie von al-Qaida & Co. auf die meisten Muslime fast ebenso wirr und verstörend wie das Manifest von Anders Breivik auf die europäische Öffentlichkeit. Es gibt einzelne Worte darin, Begriffe, Versatzstücke, die man kennt, mit denen man etwas anfangen kann, die einem etwas bedeuten mögen - aber in der Summe und in den angeblich daraus abgeleiteten konkreten Handlungsanweisungen bleibt das Gemisch nicht nachvollziehbar. Wieso hetzt Breivik gegen Muslime und tötet junge Norweger? Wieso hetzt al-Qaida gegen "die Ungläubigen" und wirft Bomben auf Muslime?

Sonntag, 24. Juli 2011

„Al Qaida. Alles andere wäre zum jetzigen Zeitpunkt reine Spekulation.“

"Im Geiste Winston Churchills"

Es ist eine seltsame Szene, die ihren Ausdruck in solchen Blogs findet und in der sich Breivik bewegte: tatsächlich pro-westlich und ausgesprochen pro-amerikanisch, Israel freundlich zugetan, dagegen aber deutlich anti-muslimisch, aggressiv christlich und "wehrhaft", "mono-kultistisch" und offen feindlich gegen alles, das liberal, links, "Multi-Kulti" und "internationalistisch" ist. Nazis verabscheut diese "patriotisch-nationalistische" Szene dabei, Sympathien und informelle Kontakte pflegt man hingegen mit der US-amerikanischen Tea-Party-Bewegung, zur FPÖ, aber auch in die rechte Fußball-Fan-Kultur der "Casuals" - und zur britischen "English Defence League" (EDL).

Die gilt zwar als militant und ultrarechts, kooperiert aber auch schon mal mit der unter Terrorverdacht stehenden Jewish Defence League (JDL) - undenkbar bei der "Konkurrenz" aus dem Neonazi-Lager. Das geht bis zu gemeinsamen Veranstaltungen und Demonstrationen. Die Allianzen in dieser Szene sind so überraschend wie eindeutig: Hauptsache, es geht gegen Muslime.
SPON unter der Überschrift "Der Mörder und die Hassblogger" über eine Szene für die auch gewisse Kreise der Linken, bzw. Exlinken Sympathien zeigen.

Auslegungssache?

Man wird sich nun Gedanken machen müssen, warum ein unbescholtener Bürger einfach eines Tages loszieht und 92 Menschen tötet. Psychologen werden herangezogen werden. Gutachten müssen erstellt werden.
Anders B. hat ein "Manifest" mit dem Titel "A European Declaration of Independence" hinterlassen. Ein gut 1500 Seiten langes Word-Dokument.
Sollte dieser Text tatsächlich echt sein, dann legt der Täter darin sein Weltbild offen.

Es ist die Sicht eines zutiefst paranoiden Menschen. Die größte Bedrohung geht für ihn vom Islam aus, der wiederum von den "Marxisten" gefördert und ermöglicht wird. Marxisten, das sind für ihn all jene, die seine Angst vor dem Islam nicht teilen. Die "Multikulturalisten" und Dhimmis zum Beispiel. Ich glaube, kaum jemandem der sich heute mit den Internetdiskussionen zu Muslimen und dem Islam auseinandersetzt sind solche Positionen vollkommen unbekannt. Es ist so wie PI-News selbst eingesteht: Das was Anders B. schreibt, könnte genau so auch auf ihren Seiten stehen.

Es ist die Angst eines Menschen, der eine Veränderung Europas und damit seiner Lebenswelt fürchtet. Ein Kapitel seines Textes heißt "Eurabia". Für sein "Manifest" hat er viele Artikel von anderen "Islamkritikern" übernommen. Sie stammen nicht aus seiner Feder aber er erachtete diese Beiträge für so nützlich, dass er sie in seine Schrift mit aufnahm.

Vor einiger Zeit entstand einmal eine kleinere Debatte in den Feuilletons darüber, dass Henryk M. Broder von anderen Feuilletonisten als "Hassprediger" bezeichnet wurde. Thomas Steinfeld schrieb in der SZ:
Das neue Vorwort zu Henryk M. Broders jüngst wiederveröffentlichtem Pamphlet "Hurra, wir kapitulieren" (Pantheon Verlag, München 2009) schließt mit den höhnischen Worten: "'Fighting is no option' ist eine genaue Zustandsbeschreibung der europäischen Konstitution. Es wäre auch ein schönes Motto für die europäische Verfassung." Was umgekehrt heißt, dass nun Schluss sein müsse mit allem Gerede, allen Vorbehalten und allen Zweifeln. Denn nun müsse gekämpft werden. (Hervorhebung durch mich)
Nun wirkt es durchaus überzogen, Broder vorzuwerfen ein Hassprediger zu sein. Er spricht zumindest in dieser Passage von der "europäischen Konstitution" und nicht davon, dass entschlossene Bürger selbst den Kampf aufnehmen sollen. Auch wenn es nicht von der Hand zu weisen ist, dass Broder und viele andere "Islamkritiker" gerne davon reden, dass es Zeit sei sich zu wehren und dabei meist bewusst offen lassen, wie dieses "Wehren" eigentlich genau aussehen soll.

Einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt diese Diskussion von damals erst jetzt. Denn eine der vielen Personen auf die sich Anders B. in seinem Manifest zustimmend bezieht ist Henryk M. Broder. Er zitiert eine Passage des deutschen Autors, die sich beinahe wie die obige liest:
Broder is convinced that the Europeans are not willing to oppose Islamisation. “The dominant ethos,” he told De Volkskrant, “is perfectly voiced by the stupid blonde woman author with whom I recently debated. She said that it is sometimes better to let yourself be raped than to risk serious injuries while resisting. She said it is sometimes better to avoid fighting than run the risk of death.”
Für Broder heißt es dann: wenn nicht gekämpft wird, bleibt nur die Auswanderung (Hijra?). Dies heißt im Umkehrschluss: wer nicht auswandern will, der muss kämpfen. Sich wehren. Die Zeit des "Alten Europa" sei sonst jedenfalls vorbei und in düsteren Zukunftsszenarien malt er das Bild eines Eurabien.
The German author Henryk M. Broder recently told the Dutch newspaper De Volkskrant (12 October) that young Europeans who love freedom, better emigrate. Europe as we know it will no longer exist 20 years from now. Whilst sitting on a terrace in Berlin, Broder pointed to the other customers and the passers-by and said melancholically: “We are watching the world of yesterday.”
Dann folgen Zahlenspielchen in denen nochmals dargelegt wird, dass die Muslime als Kollektiv über den Geburtendschihad, das heißt viele muslimische Kinder kriegen, Europa übernehmen werden.
Europe is turning Muslim. As Broder is sixty years old he is not going to emigrate himself. “I am too old,” he said. However, he urged young people to get out and “move to Australia or New Zealand. That is the only option they have if they want to avoid the plagues that will turn the old continent uninhabitable.”
Für Broder ist es unerträglich mit vielen Muslimen zusammenzuleben. Auch wenn er zu alt ist um auszuwandern rät er gerade jungen Menschen dazu ihr Glück anderswo, außerhalb von Eurabien zu suchen. Für die die bleiben wollen heißt es jedoch kämpfen...

Mir liegt es fern Broder und Konsorten die Schuld an dem Anschlag zu geben. Das würde nicht funktionieren. So wie es bisher aussieht hat ein einzelner, möglicherweise geistig gestörter Mensch einige "Suren" und "Ayat" von Broder und anderen Islamkritikern zusammengesucht und interpretiert er müsse jetzt mit Gewalt die "Toleranz" und das "Einknicken" beenden.

Es zeugt von einer zynischen Ironie, dass jetzt Broder und PI-News einwenden werden, der Terrorist habe ja alles nur falsch verstanden und ausgelegt. Nirgends ließe sich aus ihren Schriften herauslesen, dass man Unschuldige töten solle. Wenn sie sich überhaupt dazu äußern. Wird Broder eine Lichterkette in Gedenken an die Opfer organisieren, so wie das von deutschen Muslimen immer gefordert wird, wenn am Hindukusch ein Selbstmordattentat wieder unzählige Leben kostet?
Immerhin haben Anders B. und Broder ein durchaus ähnliches Weltbild. Der eine ist einfach einen Schritt zu weit gegangen und hat sein angebliches Schicksal selbst in die Hand nehmen wollen, während der andere immer wieder gepredigt hat, dass nun endlich Schluss sein müsse mit der Toleranz. Es sei Zeit sich zu wehren.

Samstag, 23. Juli 2011

Doppelanschlag in Norwegen und leichte Selbstkritik bei den "Islamkritikern"

Während das rechte Hass-Portal PI-News anfänglich in zwei Beiträgen den Eindruck erwecken wollte, bei den Geschehnissen in Norwegen handele es sich um einen weiteren islamistischen Anschlag, scheint man sich dort langsam bewusst zu werden, dass der Täter den Usern des Blogs womöglich ähnlicher ist, als sie zu träumen gewagt hätten.

Aus diesem Grund versucht man unter der Überschrift "Fall Anders B. eine konservative Katastrophe" Schadensbegrenzung zu betreiben. Um "sachliche Analyse" und nicht um "Reinwaschen" solle es gehen und dennoch weist man erst mal vehement darauf hin, dass es sich nur um einen Einzeltäter gehandelt habe. Ein verirrtes Schäfchen also, das die ganze Hetze gegen linke Gutmenschen und Muslime einfach etwas zu ernst genommen habe.
All die Zerstörungswut ist nach gegenwärtigen Erkenntnissen das Werk eines einzigen Mannes[...]
Dabei fahndet die norwegische Polizei längst nach einem Mittäter. Eine weitere Festnahme wurde bereits bekanntgegeben.

In Hinblick auf die Internetkommentare des mutmaßlichen Täters stellt man bei PI-News überraschend selbstkritisch fest:
Was er schreibt sind großenteils Dinge, die auch in diesem Forum stehen könnten.
Und tatsächlich. Bei Anders B. finden sich offenbar die selben Argumentationsmuster, wie man sie von den Seiten vieler "Islamkritiker" kennt. Es gibt keinen Unterschied zwischen Islam und Islamismus. Muslime und Marxisten sind das selbe wie Nazis. Der Islam sei eine Hassideologie, die noch weit mehr Menschen als der Kommunismus und der Nationalsozialismus (in dieser Reihenfolge) den Tod gebracht hätte.

Ganz in diesem Geiste wütete der rechtsextreme Mob auch gestern und heute in den Kommentarspalten von Beiträgen wie "Warum bombt Islam ausgerechnet in Oslo?".
Nicht zu übersehen ist, dass die Administratoren von PI-News den Kommentarbereich bereits gründlich bereinigt haben. Viele Beiträge nehmen auf andere, bereits gelöschte Kommentare Bezug. Offensichtlich hat man die brisantesten Beiträge vor dem Medienansturm gelöscht.

Immer noch in der Überzeugung ein weiterer islamistischer Anschlag habe Europa getroffen spricht man davon sich endlich zur Wehr zu setzen gegen diesen "Wahnsinn". Gemeint sind natürlich die Muslime in Europa. Auch andere User fordern Gegenwehr!
Dieser Anschlag ist eine Chance auch für uns,
uns endlich gegen den Islamfaschismus zu erheben und ihn zu besiegen!
User Antidote:
mein Beileid mit allen Opfern und hoffentlich gibt es geeignete Gegenmaßnahmen in der freien Welt gegen diese Drecksreligion.
Andere User bemerken angesichts all der Toten schadenfroh (denn man hat's ja vorhergesagt!):
Die kulturelle Bereicherung des Islam ist nun endlich auch dort angekommen.
Oder:
Vielleicht kommen die Politiker und die norwegischen Sozialisten nun zum Nachdenken, wenn es stimmt, dass so viele Jugendliche im Camp erschossen wurden.
Irgendwie geschieht es ihnen ja recht, wo die Norweger den Islam doch immer "hofiert" haben.

Der Werbebanner, mit dem PI-News unter der Überschrift "Wehr Dich!" für ein "liberales Waffenrecht" wirbt, befindet sich nach wie vor gut sichtbar auf der Seite des Blogs.


"Wehr dich!" Ob sich Anders B. genau das gedacht hat, als er auf die Jungsozialisten geschossen und seine Autobombe gezündet hat?

Gedanken zum Anschlag in Oslo

Oslo: Bombenexplosion erschüttert Zentrum der Stadt...
Als ich ich gestern die Schlagzeile sah, habe ich frustriert darauf verzichtet den dazu gehörenden Artikel zu lesen. Ich kam gerade aus einer Diskussion in der ich mich vehement dagegen ausgesprochen hatte, man müsse eine stärkere deutsche Identität ausbilden, um mit dem "Problem der Parallelgesellschaften" fertig zu werden.
Jetzt also wieder ein Anschlag. Und es waren zwei Dinge, die mir im Kopf herumgingen: Auf der einen Seite fragte ich mich, wie viele Opfer die Tat gefordert hatte und auf der anderen Seite, wie weit sich solch ein brutaler Anschlag in Europa auf die Politik und die Gesellschaft auswirken würde.

Kurz darauf, den Schwefelgeruch konnte man in Oslo noch riechen, rief mich dann ein Freund an mit dem ich mich grundsätzlich in hitzigen Diskussionen verfange. Er zählt sich zum rechten Flügel der SPD, vertritt aber oft Positionen des rechten CSU-Flügels. Ich mag ihn dennoch.
Er jedenfalls rief mich an, um mir von dem islamistischen Terroranschlag zu erzählen, obwohl er natürlich genau wusste, dass ich das sowieso schon mitbekommen hatte. Er wollte mir, dem Linken, nur auf den Zahn fühlen. Was würde ich jetzt wohl sagen, wo er doch wieder bestätigt wurde? Würde ich ausweichen, oder gar den Anschlag relativieren?
In leicht triumphierenden Ton heuchelte er etwas Entsetzen... Unfassbar was da wieder passiert sei... Was sei nur mit diesen muslimischen Extremisten los? Mutter Gottes, kennen die den gar kein Erbarmen mehr?
Ich ging nicht auf das Gespräch ein, antwortete einsilbig und lenkte die Unterhaltung zu einem anderen Thema. Ich hatte einfach keinen Spaß daran, dass er den Anschlag in Oslo als Beweismittel dafür nahm, dass ich in all den Diskussionen zu Einwanderung, Kriegseinsätzen und Minarettverbot Unrecht hatte.

Zu diesem Zeitpunkt stand für uns beide zweifellos fest, dass der Terroranschlag von Muslimen ausging. Während er darüber fast eine morbide Genugtuung zeigte - sie hams ja mal wieder bewiesen! - war ich frustriert und dachte ebenfalls weniger über die Opfer, als über die gesellschaftlichen und politischen Folgen nach.
Ich bin öfters auf den Seiten der so genannten "Islamkritiker". In den dortigen Kommentarspalten konzentriert sich neben Forderungen nach einem liberaleren Waffenrecht oft ein nicht zu bändigender Hass auf Muslime, Sinti und Roma, Homosexuelle, "Linksfaschisten" und Gutmenschen. Und jedes mal frage ich mich wieder, wie lange es wohl noch dauert - was passieren muss, damit einer von diesen Usern auch im realen Leben da draußen durchdreht und zur Waffe greift. War es nun so weit?

Da wusste ich noch nicht, dass der blutigste und graumsamste Terroranschlag seit Jahren in Europa nicht von einem Islamisten, sondern von einem Rechtskonservativen, von einem "Islamkritiker" verübt worden war. Jung, nationalistisch, christlich, konservativ - potentielles PI-News oder Achgut-Klientel also. Anders Behring B. , so der Name des mutmaßlichen Täters, las Kant und Smith, war ein Fan von Geert Wilders und dem norwegischen Widerstandskämpfer Max Manus. Die Polizei vermutet, dass B. in Oslo eine Autobombe zündete und dabei 7 Menschen tötete, bevor er später auf der Insel Utøya ein Lager der Jugendorganisation der Regierungspartei mit Schusswaffen angriff und dabei weitere 84 Menschen, darunter hauptsächlich Kinder und Jugendliche tötete.

Der Anschlag ist zu abartig, als dass man nun "aufatmen" könnte, dass es sich bei dem Täter eben nicht um einen extremistischen Muslim gehandelt hat. Angesichts solch einer Tat kann man kaum "Erleichterung" empfinden. Oder gar Genugtuung, weil man ja immer vor den Auswüchsen genau dieser rechtskonservativen "Szene" gewarnt hat und jetzt bestätigt wurde. Für die Opfer ist es ohnehin vollkommen irrelevant wer sie getötet oder verletzt hat.

Und ich? Ich werde gleich meinen Kumpel anrufen...

Montag, 18. Juli 2011

Rot-grüner Waffenhandel

Claudia Roth gesteht rot-grüne Rüstungsgeschäfte ein. Saudi-Arabien kaufte Raketenteile, Munition und Bauteile für Kampfflugzeuge.
[...]Auch die von 1998 bis 2005 amtierende rot-grüne Bundesregierung hat Waffengeschäfte mit Saudi-Arabien gemacht.
[...]Neben Pistolen und Maschinengewehren erlaubte Rot-Grün auch die Ausfuhr von Raketenteilen, Munition und Granaten. Auch Bauteile für Kampfflugzeuge, Schießanlagen, Funküberwachungssysteme und Militärboote sind im Exportbericht genannt.

Sonntag, 17. Juli 2011

Yalla irhal ya Bashar!

Der syrische Sänger Ibrahim Qashoush wurde am 3. Juli von regierungstreuen Truppen ermordet. Der Musiker aus Hama, die Stadt, die schon einmal vom Ba'th-Regime in Schutt und Asche gelegt wurde, war für seine Lieder bekannt, die er immer wieder bei Demonstrationen anstimmte um dem Protest gegen die Assad Familie und das Ba'th System musikalisch Ausdruck zu verleihen. Dies kostete ihn nun sein Leben.

Seine Mörder schnitten Qashoush die Kehle durch und rissen ihm die Stimmbänder heraus um ihn auch symbolisch zum Schweigen zu bringen.
Damit die perfide Logik der Ba'thisten nicht aufgeht, sollte man eigentlich das nachfolgende Video so weit wie möglich verbreiten!

Yalla irhal ya Bashar! - Get out Bashar!



via Rhizom und Die roten Schuhe

Rücktritt des ägyptischen Außenministers

Muhammad al-'Urabi der neue ägyptische Außenminister hat gestern ein Rücktrittsgesuch bei Ministerpräsident 'Isam Sharaf eingereicht, welcher das Gesuch annahm. Al-'Urabi hatte das Amt von Nabil al-'Arabi übernommen, der dann zum Vorsitzenden der Arabischen Liga gewählt wurde. Ein Posten mit eher beschränktem politischen Einfluss.
Man vermutet, dass al-'Arabi aufgrund seiner negativen Haltung zur Blockade des Gazastreifens, seiner Distanz zu Saudi-Arabien und seiner "versöhnlichen" Äußerungen gegenüber dem Iran auf das "Abstellgleis" der Arabischen Liga geschoben wurde.
Ganz im Gegenteil zu seinem Nachfolger al-'Urabi, der vier Jahre lang als Botschaftsrat in der ägyptischen Botschaft in Israel beschäftigt war und der außenpolitisch für eine Annäherung an die Golfstaaten eintrat.

Seit den letzten Tagen weiten sich die Proteste in Ägypten wieder aus. Große Teile der Bevölkerung fordern eine schnelle Verurteilung Mubaraks, seiner Getreuen und der Polizeikräfte, die während der großen Protestwelle im Januar und Februar Demonstranten getötet und verletzt haben. Zudem wächst die Unzufriedenheit über ausbleibende Reformen und die Einsetzung von Ministern, die schon unter Mubarak wichtige Ämter bekleideten.

Al-'Urabi war lange Zeit Botschafter in Deutschland. In dieser Funktion hatte er vor Jahren einmal unserer Stufe in der Schule einen Besuch abgestattet. Seinen Namen hatte ich vergessen, das Gesicht kam mir allerdings bekannt vor.

Montag, 11. Juli 2011

"Palestine is something very big..."

Ich bin ein großer Freund der "Durch die Nacht mit..."-Reihe auf Arte. In der letzten Folge trafen sich der ägyptische Regisseur Marwan Hamed und sein iranischer Kollege Rafi Pitts um durch das nächtliche Kairo zu ziehen.

Hauptthemen waren natürlich die Revolten im Iran und in Ägypten. Immer noch überwältigt von den Ereignissen tauschten die beiden Filmemacher ihre Erfahrungen aus, die sie im Hinblick auf die Proteste im Iran und Ägypten gesammelt hatten. Ein wirklich interessanter Punkt - und hier divergieren westlicher und arabischer Narrativ teilweise erheblich - ist der, dass die Personen in der Sendung immer wieder die Rolle Palästinas hervorhoben, wenn es um den Grund für politische Aktivitäten in Ägypten ging.

In einem Hinterhof in Kairo Downtown trafen sich Hamed und Pitts mit politischen Aktivisten und Leuten aus der Filmbranche. Eine der Anwesenden, eine linke Aktivistin erklärte, dass ihr politisches Interesse im Jahre 2002 erwacht sei. Damals, zur Zeit der zweiten Intifada, gab es erstmals seit langer Zeit in Ägypten pro-palästinensische Demonstrationen. Im Rahmen dieser Aktionen liege der Ursprung ihrer politischen Aktivitäten.

In einer anderen Szene unterhalten sich die beiden Filmemacher mit einem Vertreter der hiesigen Ultras-Bewegung. Diese spielten eine nicht unerhebliche Rolle während der Revolution, als sie vor allem versuchten die Demonstranten vor Angriffen der Mubarak treuen Schlägertruppen zu schützen, die Jagd auf Demonstranten machten. Der Aktivist erklärte, dass die Ultras zum ersten Mal ernsthaft ins Visier des Polizeiapparates gerieten, als auch sie 2002 spontan eine Demo zur Unterstützung der Palästinenser organisierten.

Pitts zeigte sich etwas erstaunt darüber, dass Palästina eine so große Bedeutung für die Ägypter habe. "Palestine is something very big..." erklärt Hamed dem iranischen Besucher. Was dort an Ungerechtigkeit geschehe mache die jungen Leute "sehr, sehr wütend".

Keine der Personen, weder Hamed, noch der Vertreter der Ultras, noch die linke Aktivistin haben irgendeine Verbindung zum Islamismus. Ganz im Gegenteil äußern sie ihre Sorgen vor einer möglichen Machtübernahme durch die Islamisten.
Während hierzulande die "Palästinasolidarität" der Araber mit Islamismus und religiösem Radikalismus verknüpft wird, spielt dieses Element keine besondere Rolle für das Eintreten der Ägypter für die Palästinenser. Das Mitglied der Ultras aber auch Hamed verweisen lieber auf die "arabische Solidarität", welche die Verbindung zu den Palästinensern erkläre.
Natürlich gerät Hamed auf die Nachfrage seines iranischen Kollegen, was denn "arabische Solidarität" eigentlich sei ins Stocken. Gemeinsame Geschichte, Kultur, Sprache.... sicherlich jedoch nicht allein die Religion, denn Araber seien schließlich nicht nur Muslime.

Kurz vor Anbruch der Ausgangssperre, die Sendung ist fast zu Ende, fahren sie an einer der vielen Demonstrationen vorbei. Pitts fragt Hamed daraufhin für was diese Leute hier demonstrieren würden. Hamed beugt sich zum Fenster, versucht die Plakate der Demonstranten zu erkennen und entgegnet: "Palestine"....

Paradiesisch...

Kann es sein, dass die "Marco Polo"-Anzeigen bei der Welt personalisiert sind und sich danach richten, welche Artikel man so anklickt? Oder besteht deren Werbung wirklich zu mindestens 50% aus Reisetipps ins "Heilige Land"? Eine kleine Auswahl an Werbeanzeigen aus der Zeitung, in der "der Linken" vorgeworfen wurde, sie habe einen "Israelknacks".


Oder ganz zusammenhangslos:

Dienstag, 5. Juli 2011

Schweigen

Angesichts des Panzerhandels beachte man bitte das Schweigen bei den Pappnasen, die sich doch sonst immer so besorgt um die Demokratiebewegungen in den arabischen Ländern zeigen. Man traut sich gar nicht vorzustellen wie deren Reaktionen ausgefallen wären, wenn Israel den Handel nicht gebilligt oder die Panzer in einen anderen Unrechtsstaat wie Syrien, Ägypten oder gar den Iran gegangen wären.

Überraschung...

Nur wenige schwarz-gelbe Politiker wagen Kritik am Panzergeschäft mit Saudi-Arabien. Die Regierung soll sich von Israel und den USA das Okay für den geplanten Export schon vorab geholt haben.
Wer hätte das gedacht?

Montag, 4. Juli 2011

Von moderaten Regimen...

Nach der heftigen Kritik am Panzerdeal melden sich nun nach und nach Stimmen zu Wort, die sich für den Handel aussprechen. Clemens Wergin in der Welt gesteht zwar ein:
Natürlich ist es angesichts der arabischen Rebellion nicht die beste Zeit für einen umfangreichen Panzerdeal mit Saudi-Arabien.
...grundsätzlich sei er aber für den Waffenhandel, weil die Waffen eben nicht gegen Israel sondern gegen ein anderes Land gerichtet würden.
Außerdem seien Panzer mehr als ungeeignet um Aufständische zu bekämpfen, meint Wergin, der zwar eingesteht, dass Libyen mit Panzern gegen eben diese vorgeht, dabei aber vergisst, dass es neben Syrien und Ägypten auch Saudi-Arabien war, das Panzer gegen die Opposition eingesetzt hat.

Dennoch richten sich die Waffen in all diesen Fällen gegen die Araber selbst und nicht gegen Israel. Und das kann Israelwahnsinnigen wie Wergin nur recht sein. Insgeheim war man nämlich ganz froh über den Status vor dem "arabischen Frühling".
Was Wergin jedoch einen Absatz später absondert, ist wirklich ein Hammer.
Inzwischen sehen sie [die Israelis Anm. AS] sich aber in strategischen Fragen eher in einer Allianz mit Riad gegen den Iran. Die Fronststellung der Achse Iran-Syrien-Hisbollah-Hamas gegen die moderaten Regime hat den Nahostkonflikt als Ordnungsfaktor in der Region abgelöst.
Das muss man sich noch einmal klar machen. Saudi-Arabien und die restlichen Golfstaaten, aber auch alle anderen autokratischen Herrschaftssysteme im Nahen Osten, die auf "unserer" Seite stehen, werden hier einfach mal als "moderat" bezeichnet. Wergin hält es offenbar für "moderat", wenn in Saudi-Arabien "Hexern" die Köpfe abgeschlagen werden, weil sie vor Gericht erfolgreich der Zauberei überführt wurden. Es ist auch moderat, wenn im Nahen Osten Salafi-Jihadisten unterstützt werden, wenn es darum geht den "schiitischen Einfluss" zurückzudrängen. So wie es auch "moderat" war, als das Sadat-Mubarak-System systematisch Oppositionelle foltern und deren weibliche Angehörige vergewaltigen ließ.

Wergin führt hier genau den Propagandatrick wieder ein, der auch vor dem "arabischen Frühling" so gut funktionierte. Moderat kann auch der finsterste Gottesstaat, die brutalste Militärdiktatur sein, wenn sie nur auf der richtigen Seite steht. Dann werden diese Staaten öffentlichkeitswirksam von deutschen Politikern besucht, die lächeln, Hände schütteln und versichern, dass es sich hier um enge Freunde handle, die zu unterstützen unerlässlich für unser aller Wohlbefinden sei. Alle Regime die nicht auf "unserer" Seite stehen werden als extremistisch und nicht als moderat bezeichnet. Diese Länder werden nicht besucht, beziehungsweise nur heimlich, weil sie zwar genau das selbe machen wie "unsere" Verbündeten auch - aber eben auf die richtig böse Art.

Mit bestechender Logik schließt Wergin:
Einen solchen nuklearen Rüstungswettlauf wird man nur verhindern können, wenn man den Saudis hilft, im Bereich konventioneller Waffen eine gewichtige Abschreckungsmacht auf die Waage zu bringen.
Rüstungswettläufe verhindert man eben nur durch Aufrüstung. Man kann nur Staunen ob dieser Hellsichtigkeit. Statt dass versucht wird eine allgemeine Abrüstung (inklusive Israel!) - gerade auf nuklearem Sektor herbeizuführen, soll man also mehr Waffen in den Nahen Osten liefern. Natürlich nur an die moderaten Kräfte wie Saudi-Arabien....

Sonntag, 3. Juli 2011

Deutsche Panzer für Saudi-Arabien

Die Bundesregierung hat beschlossen 200 Panzer an Saudi-Arabien zu liefern.
Nun gibt es sicher dutzende Gründe einen solchen Deal abzulehnen. Da soll also ein Land mit modernster Waffentechnik ausgestattet werden, das gerade erst daran beteiligt war im benachbarten Bahrain die Demokratiebewegung niederzukämpfen. Ein Land dessen Herrscher das Wort "Menschenrechte" nicht einmal zu buchstabieren in der Lage ist. Und das ist nicht einmal metaphorisch gemeint. Ganz zu schweigen davon, dass Waffenlieferungen - egal an welches Land - grundsätzlich fragwürdig sind.

Was den Kommentatoren in deutschen Zeitungen jedoch in erster Linie Sorgen bereitet sind nicht die möglichen Konsequenzen für die Menschen in Saudi-Arabien oder Bahrain, die täglich unter der Repression des Regimes zu leiden haben. Von Interesse ist vor allem die angebliche Gefahr für Israel, die von dieser Panzerlieferung ausgehe.

Für jemanden der sich mit dem politischen Geschehen im Nahen Osten beschäftigt mag dies seltsam klingen. So ist doch gerade das Verhältnis zwischen Saudi-Arabien und Israel so gut wie selten zuvor. Die Regierungen in beiden Ländern rückten enger zusammen, nachdem sie sich empörten, dass die US-Administration Mubarak so "schnell" fallen ließ.
Dass sich Saudi-Arabien an der Niederschlagung der Oppositionsbewegung in Bahrain beteiligte war schließlich auch ganz im Sinne der israelischen Regierung, die eine weitere Einflussnahme Irans auf die Golfstaaten und den Rest des Nahen Ostens befürchtet. Bis heute scheint es keine Bedenken seitens Israels gegenüber dem geplanten Rüstungsdeal zu geben. Ein milliardenschwerer Waffenhandel zwischen Saudi-Arabien und den USA im Jahr 2010 wurde ebenfalls gebilligt.
Und überhaupt? Wann machte Saudi-Arabien den jemals ernsthaft Anstalten als Gefahr für den israelischen Staat aufzutreten? Saudische Panzer rollen höchstens um gemeinsame Feinde (sei es in Bahrain oder dem Jemen) in Schach zu halten.

Andere Kritiker sehen einen "Rüstungswettlauf" zwischen Iran und Saudi-Arabien aufziehen, im Falle einer Waffenlieferung. Dass aber ebenso ein Rüstungswettlauf entsteht, wenn man Israel mit Waffen beliefert und sich der Iran deshalb gezwungen sieht ebenfalls aufzurüsten, darauf kommen die Kommentarschreiber hingegen nicht. So gilt auch die israelische Atombombe als stabilisierend für die Region, wohingegen die Atomprojekte in allen anderen Ländern des Nahen Ostens als immense Gefahr gewertet werden.