Eigentlich halte ich nichts von TV-Sendungen über den Islam. In den seltensten Fällen sehenswert, ereifert sich der Großteil an den gängigen Klischees und nimmt sich selbst viel zu ernst.
Aufopferungsvoll nahm ich mir dennoch vor, den vom ZDF ausgestrahlten Zweiteiler „Wohin treibt der Islam?“ genauer zu betrachten.
Schließlich hatte ich schon viel Gutes über den Film gehört.
Doch bereits der Anfang der Sendung ließ mich Schlimmes befürchten. Denn selbstverständlich muss ein Film über den Islam mit den brennenden Türmen des World Trade Centers beginnen. Daran führt nun einmal kein Weg vorbei.
Ein bald zehn Jahre altes Ereignis ist auch heute noch DER zentrale Punkt wenn man über den Islam mit seiner 1400 Jahre alten Geschichte spricht. So als ob den Islam und die 1,4 Milliarden Muslime der Erde seit neun Jahren nichts anderes bewegt hätte, als der Anschlag auf die Vereinigten Staaten.
Und so deutete bereits der Anfang darauf hin, dass hier wie so oft die islamische Welt durch die westliche Brille betrachtet wird. Nicht das alltägliche Leben der Muslime interessiert, sondern die gruseligen Auswüchse. Nach ähnlicher Logik, dürfte man Wetterberichte auch nur noch dann senden, wenn sich ein besonders schweres Unwetter ereignet. Die alltäglichen harmlosen aber eben uninteressanten Banalitäten werden ausgeblendet.
Dementsprechend ging es auch weiter. Der Sprecher begann mit bedeutungsschwerem Ton: „Das Morrrgenland....“ während ein blutroter Himmel mit einer zwischen Minaretten aufgehenden Sonne gezeigt wurde. Edward Said hätte seine wissenschaftliche Freude an diesem stimmungsvollen Intro gehabt. War das nun der Anfang vom Prince of Persia Film oder von einer ZDF-Produktion mit Bildungsanspruch?
Doch während ich noch über diesen wirklich misslungenen Einstieg nachdachte, veränderte sich plötzlich der Ton der Dokumentation. Die Macher hatten es sich zur Aufgabe gemacht, differenziert den Begriff des Dschihads zu erklären. Und man muss wirklich sagen, dass ihnen das gelungen ist. Natürlich hat der interessierte Bürger schon vom Unterschied zwischen dem kriegerischen kleinen Dschihad und dem großen Dschihad als Kampf gegen die eigenen Schwächen gehört aber der Film schaffte es diesen Unterschied anhand verschiedener Personen zu verdeutlichen, die so gar nicht in das Klischee der immer grimmigen Moslems passten.
Ganz im Gegenteil. Die knapp porträtierten Menschen wirkten einfach völlig normal in der Ausübung ihres eigenen, ganz persönlichen Dschihads. Ob dieser jetzt darin besteht Wissen zu vermitteln, Menschen zu helfen oder sogar Tiere zu heilen.
Die zum Teil grundverschiedenen Personen haben dabei eines gemeinsam, sie sehen sich als Muslime. Der Verdienst des Films ist es also, dass er es geschafft hat die oft genannte Ungleichung „Islam ist nicht gleich Islam“ zu veranschaulichen. Was im Namen des Islams geschieht, geschieht keineswegs auch mit der Zustimmung und im Sinne aller Muslime.
Natürlich war auch dieser Film keineswegs perfekt und immer wieder schafften es die Macher trotz aller Anstrengung nicht, ihre eigenen Vorurteile unter Kontrolle zu bekommen.
Als es da um den Kampf gegen den Extremismus geht entfährt es dem Sprecher mit ernstem Ton: "In der Welt des Islams setzt man auf Härte und Abschreckung."
So als ob in der „Welt des Christentums“ Guantanamo ein Pfadfindercamp ist und der Kampf gegen Extremisten mit Puffreis und Eiskonfekt anstatt mit tödlichen Predator-Drohnen geführt wird.
Dennoch, man merkte den Machern ihre Mühe wirklich an, sich differenziert dem Thema zu widmen, was über weite Strecken auch gelang.
Dem Moslemhasser wird auch dieser Film nicht die Augen geöffnen haben. Alles Positive kann er als Taqiya abtun, auch wenn der Großteil der Muslime darüber genau so wenig Bescheid weiß, wie der Islamhasser selbst.
Alle anderen konnten etwas dazulernen und sei es nur, dass eigentlich alles eine ganze Ecke komplizierter ist als es einem die Wilders, Sarrazins und Broders weismachen wollen.