Nachdem der Generalsekretär der libanesischen Hizbullah im Mai offiziell die Teilnahme seiner Miliz an den Kampfhandlungen in Syrien erklärt hatte war es nur eine Frage der Zeit, wann die islamistische Gegenseite ihrerseits den nächsten Schritt zur weiteren Eskalation gehen würde.
Im Rahmen einer Konferenz haben nun mehrere äußerst einflussreiche sunnitische Geistliche offiziell die sunnitischen Muslime zum Jihad in Syrien, sei es mit ihrer "Seele, ihrem Vermögen oder mit der Waffe" aufgerufen. Die Bedeutung dieses Aufrufs kann kaum überbewertet werden. Bei einem der Geistlichen handelt es sich nämlich um den bekannten Yusuf al-Qaradawi, dessen Fernsehsendung "Scharia und Leben" auf Al-Jazeera angeblich bis zu 60 Mio. Menschen erreicht.
Neben al-Qaradawi hat sich auch der saudische Geistliche Mohammed Arefe dem Aufruf angeschlossen, der auf seinem Twitter-Kanal stolze 5,2 Mio. Follower vorweisen kann.
Zwar ist in dem Statement in Bezug auf den Jihad (noch) nicht von einer "fard 'ayn" die Rede, was den Jihad tatsächlich (jedenfalls nach Ansicht dieser einflussreichen Geistlichen) zu einer zwingenden Pflicht für jeden Muslim gemacht hätte, benutzt wird aber die kaum weniger starke Formulierung "wujoub al-jihad", was in etwa "Notwendigkeit zum Jihad" bedeutet. Auch werden in dem Aufruf nicht die Schiiten direkt erwähnt, die Rede ist vielmehr von "rawafidh", ein wohlbekannter abwertender Ausdruck für Schiiten.
Noch mögen arabische Staaten es begrüßen, wenn Dschihadi-Salafisten zum Kampf nach Syrien gehen, um dort gegen das Assad-Regime zu kämpfen. Doch auch dieser Krieg wird irgendwann vorbei sein und dann kehren diese kampferprobten, radikalisierten Mudschahidin in ihre Heimatländer zurück, wo sie wieder zum Problem für die dortige Ordnung werden.
Es ist das gleiche Problem wie zur Zeit des Afghanistankrieges 1979 - 1989. Die Regierungen vieler arabischer Länder waren froh darüber und unterstützten es, dass die Fundamentalisten das Land verließen, um gegen den "kommunistischen Feind" in Afghanistan zu kämpfen. So wurden sie selbst einen radikalen Teil der Bevölkerung los und konnten gleichzeitig ihren außenpolitischen Einfluss erweitern.
Waren jedoch die Sowjets wieder abgezogen, kehrten auch die "afghanischen Araber" in ihre jeweiligen Heimatländer zurück und begannen den bewaffneten Kampf gegen den Staat.
Wir werden heute Zeuge wie Schiiten als auch Sunniten aus verschiedenen muslimischen Ländern zum Dschihad nach Syrien gehen und wie sich dieser Konflikt zu einem Flächenbrand entwickelt. Auf der Strecke bleibt die syrische Bevölkerung, die kaum ein Interesse daran hat, dass das Land zum Schauplatz eines blutigen Krieges der Konfessionen wird.
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