Bei SPON ist zu dieser Thematik nun ein Artikel der Sprachforscherin Heike Wiese erschienen.
Wie ein Dialekt bewertet wird, hängt immer auch mit der sozioökonomischen Stellung derjenigen zusammen, die ihn sprechen. Wenn jemand einen niedrigeren sozialen Status hat, dann wird seine Sprechweise eher negativ bewertet. Kiezdeutsch wird in multiethnischen Wohngebieten gesprochen, und in Deutschland sind diese oft sozial besonders benachteiligt, das Einkommen ist niedrig, die Arbeitslosenquote hoch. Dementsprechend wird Kiezdeutsch als Sprechweise sozial Schwächerer wahrgenommen - und damit schnell als "schlechtes Deutsch" abgewertet.
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Kiezdeutsch wird oft als Bedrohung angesehen, das einen massiven Einfluss des Türkischen anzeige oder gar zum "Sprachverfall" führen könne. So behauptete die Tageszeitung "Die Welt": "Deutsche Sprache driftet ins Türkische ab". Kiezdeutsch ist aber keine deutsch-türkische Mischsprache, es verwendet keine türkischen Satzmuster oder überträgt gar die türkische Grammatik auf das Deutsche: Die grammatischen Neuerungen in Kiezdeutsch erklären sich aus dem System der deutschen Grammatik heraus, Kiezdeutsch ist typisch deutsch! Entsprechend werden neue Fremdwörter aus dem Türkischen in Kiezdeutsch auch sofort eingedeutscht, sie werden deutsch ausgesprochen, deutsch geschrieben und in die deutsche Grammatik integriert.
sher interessant! Danke für diese Information :)
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