al-Samidoun

Kommentare und Berichte zu Politik, Religion und Kultur mit Fokus auf den Nahen Osten.

Montag, 25. Oktober 2010

Saudi-Eurabia und der heldenhafte Kampf der Bewegung 14. Juli

Gerade halte ich die Ausgabe 01/10 der Zeitschrift "Eurabia" der Deutsch-Arabischen Gesellschaft in den Händen.
Titelthema ist der Libanon ("Der Libanon - liberal, wirtschaftsstark und doch tief gespalten") und welche Richtung dabei eingeschlagen wird ist klar ersichtlich. Auf dem Cover heißt es nämlich:

Die Zeder und der 2005 ermordete Ministerpräsident Rafiq Hariri sind Symbole der libanesischen Gesellschaft.
Unter der Zeder kämpften libanesische Milizen während des Bürgerkriegs - und die Bewegung des 14. Juli (sic!) von Saad Hariri gegen fremde Besatzung.

So viel Pathos kennt man sonst nur aus Top Gun oder Pflaumes "Nur die Liebe zählt".

Mit 14. Juli ist wohl die Bewegung 14. März gemeint. An diesem Tag kam es im Jahre 2005, einen Monat nach der Ermordung des damaligen Ministerpräsidenten Rafiq Hariri zu Massendemonstrationen gegen die syrische Präsenz im Lande. Das Datum wurde daher zum Namensgeber einer Koalition aus anti-syrischen Parteien, die man in Europa und den USA penetrant "pro-westlich" nennt. Da am 8. Juli März allerdings auch pro-syrische Massendemonstrationen (so etwas wie Stuttgart 21 Demos nur im Libanon und mit Hizbullah) abgehalten wurden, wurde direkt eine Gegenkoalition unter dem nicht minder kreativen Namen 8. März gegründet.
Wie dem auch sei: Vier Monate daneben - macht aber nichts!

Besonders interessant ist aber, dass von all den Milizen welche gegen die verschiedenen Besatzer gekämpft haben, ausgerechnet die relativ junge Gruppe um Mini Hariri genannt wird. Die ungleich brutalere israelische Besatzung und der Kampf vieler verschiedener Gruppen (penetrant anti-westlich genannt) gegen selbige scheint da beinahe vergessen.

Und dann wird Gevatter Rafiq auch noch zum Symbol des Landes hochstilisiert, wobei man sich gerne mal den Spaß machen kann in den arabischen Ländern die Bevölkerung zu fragen, welche Persönlichkeit sie spontan zuerst mit dem Libanon verbinden: Rafiq Hariri oder Hassan Nasrallah?
Die durchschnittlich häufigere Antwort (Sayyid Nasrallah) würde dem saudischen Königshaus jedoch gar nicht passen. Wie ich jetzt auf die Saudis komme?

Nun, ein Blick ins Impressum verrät, dass zum "Ehrenpräsident" der Zeitschrift Seine Königliche Hoheit Prinz Faisal Bin Abdulmajeed Bin Abdulaziz Al Saud ernannt wurde.
Dass der saudische Adel seit jeher auf der Seite des Hariri-Klans stand und mit den anti-israelischen Gruppen, ob links oder islamistisch so seine Problemchen hatte ist keine Neuigkeit.

Neu ist allerdings, dass es für die Propaganda jetzt ein eigenes kleines Heftlein in Deutschland gibt.

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