al-Samidoun

Kommentare und Berichte zu Politik, Religion und Kultur mit Fokus auf den Nahen Osten.

Montag, 4. Juli 2011

Von moderaten Regimen...

Nach der heftigen Kritik am Panzerdeal melden sich nun nach und nach Stimmen zu Wort, die sich für den Handel aussprechen. Clemens Wergin in der Welt gesteht zwar ein:
Natürlich ist es angesichts der arabischen Rebellion nicht die beste Zeit für einen umfangreichen Panzerdeal mit Saudi-Arabien.
...grundsätzlich sei er aber für den Waffenhandel, weil die Waffen eben nicht gegen Israel sondern gegen ein anderes Land gerichtet würden.
Außerdem seien Panzer mehr als ungeeignet um Aufständische zu bekämpfen, meint Wergin, der zwar eingesteht, dass Libyen mit Panzern gegen eben diese vorgeht, dabei aber vergisst, dass es neben Syrien und Ägypten auch Saudi-Arabien war, das Panzer gegen die Opposition eingesetzt hat.

Dennoch richten sich die Waffen in all diesen Fällen gegen die Araber selbst und nicht gegen Israel. Und das kann Israelwahnsinnigen wie Wergin nur recht sein. Insgeheim war man nämlich ganz froh über den Status vor dem "arabischen Frühling".
Was Wergin jedoch einen Absatz später absondert, ist wirklich ein Hammer.
Inzwischen sehen sie [die Israelis Anm. AS] sich aber in strategischen Fragen eher in einer Allianz mit Riad gegen den Iran. Die Fronststellung der Achse Iran-Syrien-Hisbollah-Hamas gegen die moderaten Regime hat den Nahostkonflikt als Ordnungsfaktor in der Region abgelöst.
Das muss man sich noch einmal klar machen. Saudi-Arabien und die restlichen Golfstaaten, aber auch alle anderen autokratischen Herrschaftssysteme im Nahen Osten, die auf "unserer" Seite stehen, werden hier einfach mal als "moderat" bezeichnet. Wergin hält es offenbar für "moderat", wenn in Saudi-Arabien "Hexern" die Köpfe abgeschlagen werden, weil sie vor Gericht erfolgreich der Zauberei überführt wurden. Es ist auch moderat, wenn im Nahen Osten Salafi-Jihadisten unterstützt werden, wenn es darum geht den "schiitischen Einfluss" zurückzudrängen. So wie es auch "moderat" war, als das Sadat-Mubarak-System systematisch Oppositionelle foltern und deren weibliche Angehörige vergewaltigen ließ.

Wergin führt hier genau den Propagandatrick wieder ein, der auch vor dem "arabischen Frühling" so gut funktionierte. Moderat kann auch der finsterste Gottesstaat, die brutalste Militärdiktatur sein, wenn sie nur auf der richtigen Seite steht. Dann werden diese Staaten öffentlichkeitswirksam von deutschen Politikern besucht, die lächeln, Hände schütteln und versichern, dass es sich hier um enge Freunde handle, die zu unterstützen unerlässlich für unser aller Wohlbefinden sei. Alle Regime die nicht auf "unserer" Seite stehen werden als extremistisch und nicht als moderat bezeichnet. Diese Länder werden nicht besucht, beziehungsweise nur heimlich, weil sie zwar genau das selbe machen wie "unsere" Verbündeten auch - aber eben auf die richtig böse Art.

Mit bestechender Logik schließt Wergin:
Einen solchen nuklearen Rüstungswettlauf wird man nur verhindern können, wenn man den Saudis hilft, im Bereich konventioneller Waffen eine gewichtige Abschreckungsmacht auf die Waage zu bringen.
Rüstungswettläufe verhindert man eben nur durch Aufrüstung. Man kann nur Staunen ob dieser Hellsichtigkeit. Statt dass versucht wird eine allgemeine Abrüstung (inklusive Israel!) - gerade auf nuklearem Sektor herbeizuführen, soll man also mehr Waffen in den Nahen Osten liefern. Natürlich nur an die moderaten Kräfte wie Saudi-Arabien....

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